© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/10 25. Juni 2010

Frisch gepresst

Von Tannenberg bis Danzig. Reiner Zufall, daß ein der Militärgeschichte des Preußenlandes gewidmeter Tagungsband einige Wochen vor der 600-Jahrfeier der Schlacht von Tannenberg erscheint, wo am 15. Juli 1410 die Ritter des Deutschen Ordens von einen polnisch-litauischen Heer vernichtend geschlagen wurden. Kein Zufall ist es allerdings, wenn jenem welthistorisch so folgenreichen Großgemetzel in diesem Band Referenz erwiesen wird, und zwar durch Sven Ekdahl, den international wohl besten Kenner der Materie, der hier neue Archivfunde zur Vorgeschichte des Tannenberger Treffens ausbreitet. In dieser Zeit verweilt auch Krzysztof Kwiatkowski, der sich den Grundlagen des Militärdienstes im Deutschen Orden in Preußen widmet. Ein großer Sprung fort von zwei im 15./16. Jahrhundert sondierenden Miszellen befördert den Leser ins „Zeitalter der Extreme“, das sich in Lutz Oberdörfers hundert Seiten über den „Kriegsschauplatz Ostpreußen“ in den Planungen und Strategien der europäischen Großmächte zu Beginn des Ersten Weltkrieges spiegelt. Und in den Beiträgen von zwei polnischen Historikern: über die zähe Verteidigung Danzigs im März 1945 und über das spannungsreiche Verhältnis zwischen polnischen und sowjetischen Besatzern im Kreis Preußisch Holland 1945 bis 1947. Daß beide Beiträger sich aus „volksdemokratischen“ Befangenheiten noch nicht lösen konnten, merkt man leider nicht nur ihrem Vokabular – „Transport“ statt „Vertreibung“ – an (Bernhart Jähnig, Hrsg.: Beiträge zur Militärgeschichte des Preußenlandes von der Ordenzeit bis zum Zeitalter der Weltkriege. N. G. Elwert Verlag, Marburg 2010, gebunden, 397 Seiten, Abbildungen, 34 Euro).

 

Entchristlichung. Was bleibt vom christlichen Erbe? Wenn wir nicht aufpassen, herzlich wenig, sagt Andreas Püttmann, Autor des Buches „Gesellschaft ohne Gott“ (Risiken und Nebenwirkungen der Entchristlichung Deutschlands.Gerth Medien, Aßlar 2010, gebunden, 288 Seiten, 17,95 Euro). Mit einschlägigen Statistiken belegt er die schwindende Frömmigkeit der Deutschen. Wer einmal im Monat den Kirchgang antritt, gilt in vielen Meinungsumfragen schon als hochreligiös. Püttmann zeigt, wo theologische Irrungen und Wirrungen herrschen und klare Grenzen als überflüssig gelten. Im steten Siechen und im Zusammenbruch der christlichen Leitkultur erkennt Püttmann nicht nur eine Krise der Kirchen. Das gesamte Ausfransen an den Rändern der Gesellschaft führt er auf das Abschmelzen abendländischer Kernbotschaften zurück. Als profunder Denker und Analytiker stellt er der Kirche light zahlreiche Tendenzen geistlicher Revitalisierung entgegen. Vielsagend, daß das kein Mann der Kirche, kein Pfarrer sagt, sondern ein Sozialwissenschaftler und früherer Redakteur beim Rheinischer Merkur.

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