© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/10 25. Juni 2010

Leserbriefe

Zu: „Raus aus dem Euro!“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 21/10

Wo bleibt die Prospekthaftung?

Haben wir vergessen, wie Finanzminister Theo Waigel und Bundeskanzler Helmut Kohl als permanente Einpeitscher gegen unseren Widerstand uns die Akzeptanz des Euro schmackhaft machen wollten? Kohl verkündete 1991 in Maastricht: „Wir können mit gutem Gewissen diesem Vertrag zustimmen, weil er im vollen Umfang den deutschen Erfahrungen entspricht, die wir mit der D-Mark und der Gewährleistung ihrer Stabilität in den letzten Jahrzehnten gemacht haben“!

Die 65seitige Hochglanzbroschüre „Stark wie die Mark“ von Theo Waigel aus dem Jahr 1992, gespickt mit einem Wust von Eigenlob, sollte dem Bundesbürger als Nebelkerze dienen. Nach dem Börsengesetz gibt es eine Prospekthaftung für irreführende Angaben. Denn diese machten Kohl und Waigel, als sie dem deutschen Volk einredeten, die neue Währung sei so gut wie die Deutsche Mark. Vor kurzem gab Finanzminister Schäuble es zu: „Wir mußten den Menschen in Deutschland erklären, daß eine europäische Einheitswährung so stabil sein wird, wie die D-Mark war.“

Norbert Gündling, Nidda

 

 

Zu: „Wo bleibt die Rebellion“ von Bruno Bandulet, JF 25/10

Verweigerung am Maßkrug

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Das beweist uns die Paulaner-Brauerei mit ihrer neuesten Fernsehwerbung für ihr Weißbier. Da sehen wir einen Bayern im Biergarten, der sich in ausgelassener Runde von selbstzufriedenen, in unserem Geld schwimmenden Griechen die Zeche bezahlen läßt. Der Zuschauer hat nicht den Eindruck, daß die Griechen nun in die Hände spucken, um ihr Bruttosozialprodukt zu steigern, denn die brauchen sie ja, um den Maßkrug zu heben. Haben wir das nicht alle befürchtet?

Rosmarie Maier, München

 

 

Zu: „Eine explosive Mischung“ von Paul Rosen, JF 25/10

Angebote für den Spar-Markt

Zu einem auch für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung akzeptablen Sparprogramm sollte folgendes gehören: Reduzierung der Zahl der Bundesländer, Reduzierung der überhöhten Pensionsansprüche vieler Bundes- und Landtagspolitiker, Reduzierung der überhöhten Diäten der Europa-Abgeordneten, Streichung der Zahlungen an durch Gerichtsbeschluß abgewiesene Asyl-Bewerber und deren sofortige Abschiebung.

Otto Ernst, Leverkusen

 

 

Zu: „Die Logik der Dinge drängt zur Transferunion“ von Werner Becker, JF 25/10

Der Diskurs der Dümmsten

Es ist eine Binsenweisheit, daß die allererste aller Kräfte, die diese Welt regieren, die Lüge ist, und nirgends erweist sich die Wahrheit dieses Satzes so sehr wie auf dem Felde der Einwanderung, Migration, Integration usw. Alle wissen, daß Sarrazin recht hat, aber die Wirklichkeit wird nicht nur geleugnet, sondern es wird im Gegenteil eine offensichtliche Illusion zu einem Glaubenssatz erklärt, den alle für wahr halten müssen und der auf keinen Fall in Frage gestellt werden darf. Wer den Finger in die Wunde legt und dadurch unliebsames Aufsehen erregt, der wird nicht nur ideologisch bekämpft, sondern soll auch möglichst sozial, beruflich und moralisch erledigt werden. Es bleibt die bittere Erkenntnis, daß der Diskurs von den Dümmsten – deren dürftige geistige Ausrüstung nur aus diffusen Vorstellungen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit besteht – und den Lautesten bestimmt wird und daß unser Land dafür noch einmal teuer bezahlen wird.

Franz Schweitzer, Paderborn

 

 

Zur Meldung: „Kipping wirft Gauck Verharmlosung vor“, JF 25/10

Kommunisten gleich Nazis

Es ist schon problematisch für die vereinigte Linke, daß gelegentlich auch ihre Vertreter in das Visier des Ausgegrenztseins geraten. Dann muß die Nazi-Keule aus dem Sack geholt werden, um wieder als „gute Deutsche“ dazustehen. Was natürlich verkannt wird: Kommunistische wie nationale sozialistische Ideologien sind beides linke Ideologien. Die Nazis waren genauso links wie die KPD, was sich auch an ihren Kampforganisationen erkennen läßt. Die „Rechten“ haben in der Regel nichts mit den Nazis zu tun.

Victor Zander, Würzburg

 

 

Zu: „Der gescheiterte Sozialstaat“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 24/10

Sozialstaat nach US-Vorbild

Es wird offenbar verkannt, daß zu unserem real existierenden und faktisch nicht mehr bezahlbaren Sozialstaat eine solidarische Volksgemeinschaft – ich weiß, böses Wort – der fünfziger, sechziger und noch siebziger Jahre gehört. Tatsächlich sind wir mittlerweile einer multikulturellen Zweckgemeinschaft wie in den USA deutlich nähergerückt.

Eine solche Gesellschaft kann aber einen Sozialstaat, wie wir ihn fordern, nicht am Leben erhalten, sondern bedürfte in vielen Bereichen der (Straf-)Gesetzgebung der USA und vor allem deren Verständnis von Sozialstaat. Denn man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen. Deutschland wird sich in nicht allzu ferner Zukunft entscheiden müssen, wie es mit „Arbeit und Soziales“ weitergeht. Zu finanzieren ist das jedenfalls schon jetzt nicht mehr.

Werner Linn, Feilbingert

 

 

Zu: „Deutsche Farbe“ von Karlheinz Weißmann, JF 24/10

Plädoyer für Fahnenflucht

Ihre Begeisterung für die Deutschlandflagge und das Sommermärchen kann ich leider nicht teilen. Nun geht es also wieder los ... Ich möchte hier sicherlich nicht als Pessimist oder „Spielverderber“ dastehen, aber das ganze Jahr muß man sich als Bundesbürger aufgrund „unserer“ Geschichte für irgendwelche Nationalduselei rechtfertigen und aufpassen, das man nicht das Falsche sagt, da die Political Correctness stets „Gewehr bei Fuße“ steht. Nur alle zwei beziehungsweise vier Jahre zu EM und WM entdeckt der dumme deutsche Michel für vier Wochen seinen Nationalstolz wieder, holt die Fahnen aus dem Keller und schwelgt in nationalen Gefühlen – ein seltsam paranoides Völkchen.

Dieser medial und nur rein geschäftlich gehypte Patriotismus entbehrt in meinen Augen jeglicher Grundbasis.

Sven Ericksen, Tegernsee

 

 

Zu: „Paraderolle“ von Werner Olles, JF 24/10

Kleindeutsche Sichtweisen

Vielen Dank für Ihre DVD-Besprechung über die Hans-Albers-Filme „FP 1 antwortet nicht“ und „Trenck, der Pandur“. Erlauben Sie mir dennoch eine kleine Anmerkung: Es ist dort von „Österreichs Kaiserin Maria Theresia“ die Rede. Sie war aber Kaiserin des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, im kurzen Sprachgebrauch Deutsche Kaiserin. Ein österreichisches Kaisertum gründete sich bekanntlich 1804, für zwei Jahre noch in Personalunion mit dem Kaisertum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, dessen Kaiserwürde der Inhaber 1806 unrühmlich niederlegte.

Ich habe etwas dagegen, die kleindeutsch-etatistische Sicht, die 1945 leider die Oberhand gewonnen hat, in die Geschichte zurückzuprojizieren. Bitte betrachten Sie es nicht als Nörgelei eines Besserwissers. Maria Theresia wäre der Titulierung „Österreichs Kaiserin“ mit größtem Unverständnis begegnet. Der wichtigste Rat, den sie ihrer nach Frankreich verheirateten Tochter Marie Antoinette mitgab, war: „Bedenke immer, daß Du eine Deutsche bist.“        

Ernst S. von Heydebrand, Vallendar

 

 

Zu: „Für Deutschland gewonnen“ von Ronald Berthold, JF 23/10

Karneval statt Nation

Warum soll es sich eigentlich um einen peinlichen Einwand handeln, wenn man bemängelt, daß Lena Meyer-Landrut auf englisch singt? Als peinlich empfinde ich es hingegen, wenn Deutsche statt ihrer Muttersprache das Englische nutzen. Zu Recht finden sich solche Verfehlungen im wöchentlichen Sprachpranger der JF.

Die Stimmung in den Straßen während der Fußballweltmeisterschaft – dazu zählt auch das nervende Gehupe – erinnert mich an Karneval. Etliche Zeitgenossen, die sonst keine vaterländische Gesinnung zeigen, schmücken sich dann mit Schwarz-Rot-Gold. Leute, die sich die Mauer zurückwünschen, feuern Spieler aus Mitteldeutschland an, oder sie jubeln über Tore von Klose und Podolski, obwohl sie sonst über Aussiedler schimpfen. Und unsere politische Führung, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit von deutscher Schuld spricht und deutsche Niederlagen feiert, freut sich nun über deutsche Erfolge. Liegt das vielleicht daran, daß sich auch die DFB-Auswahl im Multikulti-Zeitalter befindet?

Hartmut Strenkert, Bad Friedrichshall-Untergriesheim

 

 

Zu: „Männer über Bord“ von Dieter Stein, JF 23/10

Vermittlung statt Verantwortung

Der Rücktritt des Bundespräsidenten ist ein Zeichen der politischen Erosion Deutschlands. Diese wird seit Jahren von allen Parteien systematisch betrieben. Keine andere große Nation stellt ihre Eigeninteressen zugunsten Europas, des Klimas usw. so hintenan wie Deutschland.

Indem die politische Führung immer mehr Kompetenzen an „Europa“ abgibt, entzieht sie sich – offenbar freudig – der Verantwortung. Sie übernimmt dafür die Rolle der Ergebnis-Vermittlung. Das wird zunehmend in der Sprachregelung deutlich. Bei schlechten Umfragewerten reagiert man damit, lediglich die Vermittlung zu verbessern, und stockt den Etat hierfür auf. Kein Wunder, wenn sich immer mehr Wähler ihrer Stimme enthalten. Jetzt gehört auch Köhler zu den Verweigerern. Ich gratuliere!

Ferdinand Gesell, Grenzach-Wyhlen

 

 

Zur Meldung: „Euro-Krise soll Renten in Israel nicht entwerten“, JF 22/10

Wiedergutmachung einsparen

Es ist eine Unverschämtheit der Jewish Claims Conference, wegen der Euro-Krise Ausgleichsforderungen an die Bundesrepublik zu stellen, zumal die deutschen Rentner ja auch keinen Ausgleichsanspruch gegen die Bundesrepublik haben. Vielmehr sollte die Bundesregierung angesichts der großen finanziellen Einschnitte, die den Bundesbürgern dank „Rettungsschirm“ und „Rettungspaket“ bevorstehen, endlich die bei jeder Einspardiskussion bisher stets verschwiegenen Wiedergutmachungsleistungen einstellen.

Heiko Spruth, Oldenburg

 

 

Zu: „Raus aus dem Euro!“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 21/10

Zwischen Gulliver und Odysseus

Wie der listenreiche Odysseus den Griechen mit dem Trojanischen Pferd Zugang zu Troja verschaffte, so haben sich die Hellenen mit getürkten Haushaltszahlen den Beitritt zum Euro erschlichen. Nun steht also wegen des voraussehbaren, aber stets vertuschten Desasters nicht nur den Griechen, sondern der gesamten EU eine „Odyssee“ bevor. Bei dieser kann Deutschland – als Verlierer des letzten Krieges – selbst keine freien Entscheidungen mehr treffen, sondern ist wie weiland Gulliver „eingebunden“ in die Interessen „seiner Freunde“. So befindet sich Deutschland schon seit Jahrzehnten auf einer fremdgesteuerten Irrfahrt. Absurderweise meutern aber auch jetzt nicht die Deutschen, obwohl sie vertragswidrig zur Kasse gebeten werden, sondern die Griechen, die sich „ein neues Schiff bauen sollen“. Da die nächsten „Schiffsbauten“ nicht nur in Griechenland, sondern beispielsweise auch in Spanien oder Portugal in kurzer Zeit bevorstehen werden, wäre es für Deutschland besser, wenn es sich – statt einer Teilnahme am kollektiven EU-Schiffskonvoi – auf die Heimfahrt nach seinem Itha­ka besinnen und zur D-Mark zurückkehren würde!

Dr. Bonifaz Ullrich, Blieskastel

 

 

Zu: „Allen unschuldigen Opfern“ von Lion Edler, JF 24/10

Es gab nicht nur ein Postelberg

Es gab nicht nur ein Postelberg. Nach Angaben der deutschen Bundesregierung sind nach dem 8. Mai 1945 allein in Prag weit über 25.000 Deutsche umgekommen - innerhalb von zehn Tagen. Es handelte sich dabei um Frauen, Kinder und Verwundete, denn die SS-Garnison und 1. Wlassow-Division waren vor der Kapitulation abgezogen.

Von „Erschießungen“ allein konnte dabei nicht mal die Rede sein, wie die vielen Verstümmelten auf den Straßen gezeigt hatten. Mein Leben habe ich russischen Soldaten zu verdanken. Am 9. Mai war ich vor Prag in einem Verwundetenzug (Halsschuß) zum Kriegsgefangenen geworden. Eine Panzerbesatzung hatte mich auf ihren T34 gesetzt, um in Prag ein Lazarett für mich zu finden. Sie hatten mich während der Fahrt durch die brodelnde Stadt mit ihren Maschinenpistolen vor dem tosenden Mob verteidigt. Vor meinen Augen mußten deutsche Rotkreuz-Schwestern nackt und mit durchschnittenen Fesselsehnen über Glasscherben robben, während Minderjährige mit Kardätschen auf sie einschlugen. Dies alles unter dem anfeuernden Geheul einer großen Menge. Im Reserverlazarett VII (Tyrs-Haus) auf der Prager Kleinseite war ich dann in Sicherheit.

Frage an die Programmdirektoren des deutschen Fernsehens: Warum ist bis heute in keinem Sender von den Massakern jenes „Prager Frühlings“ die Rede gewesen? 

Erich Ruczinski, Groß Pampai

 

Verkommene Moral in Brüssel

Als Sudetendeutsche war ich damals 14 Jahre alt und entging nur mit viel Glück und der Hilfe eines Tschechen (!) dem Abtransport in ein Lager. Haben Sie deshalb unseren tiefempfundenen Dank für Ihre Beiträge über Postelberg, worüber 65 Jahre lang geschwiegen wurde. Welch grauenhafte Verbrechen an Deutschen begangen wurden – es gab ja nicht nur Postelberg, sondern beispielsweise den Brünner Todesmarsch, Aussig und viele andere Schreckensorte –, blieb all die Jahre unerwähnt. Wem ist eigentlich bewußt, daß Tschechien in die EU aufgenommen wurde, obwohl die Beneš-Dekrete, die alle an Deutschen begangenen Verbrechen straffrei stellen, noch immer gültig sind? Wenn das kein Beweis ist für die verkommene Moral von Brüssel. Es wäre wirklich kein Schaden für Europa, wenn es diese EU nicht mehr gäbe!

Dorothea Kunze, Bensberg

 

 

Zu: „Der Film von Jiri Chmelicek“ von Dieter Stein, JF 21/10

Endlich ein Ende der Lügen?

Im April erfolgte die Ausstrahlung des polnischen Katyn-Films von Wajda im russischen Staatsfernsehen zur besten Sendezeit, was eine politische Sensation war, und Anfang Mai folgte ein Prager Fernsehkanal mit der landesweiten Ausstrahlung des Films „Abschlachten auf tschechisch“, der eines der Massaker tschechischer Milizen an deutschen Zivilisten und Kriegsgefangenen darstellt. Sind das Zeichen für eine Revision der bisher verzerrten Geschichtsdarstellung in jenen Ländern, Zeichen für ein Ende der Lügen?

Reinhard Gnauck, Mainz

 

 

Zu: „Pankraz, G. B. Shaw und der Weltnichtrauchertag“, JF 22/10

Shaws Persönlichkeit verletzt

In seiner Kolumne verunglimpft Pankraz den Dramatiker G. B. Shaw, denn dieser war kein „leidenschaftlicher Raucher“. Im Gegenteil! Nachweislich beantwortete dieser (siehe „Deutscher Tabakgegner“, 1926, S. 50f.) eine entsprechende Rundfrage wie folgt: „Mich über das Rauchen auszufragen, heißt mich beleidigen. Wie kommen Sie dazu, mir eine so schmutzige Gewohnheit zuzutrauen, ohne irgendeinen Beweis, daß ich ihr je gefrönt habe?“ Freilich wurde auch der Raucher-Feind Goethe von den Zigarrenherstellern als Werbeträger instrumentalisiert.

Hermann Faylenbogen, Freiburg

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