© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/10 09. Juli 2010

Meldungen

Bildungsgeschichte:  Kompromiß-Kultur ade

BERLIN. Beim „Bologna-Diskurs“ hat es den Anschein, als kehrten uralte bildungspolitische Frontstellungen zurück. So kann man auch 2010 vordergründig die Parteien auf die zwei großen Lager der „Reformer“ und „Traditionalisten“ verteilen. Seit Humboldts Tagen endeten Kontroversen über die „richtigen“ Bildungsinhalte stets mit einem Kompromiß. Johanna Wolf und Alexander Kalkhoff belegen dies anhand der Theorien zum neusprachlichen Unterricht im 19. Jahrhundert (Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Band 247/2010). Hier standen sich jene gegenüber, die sich von der – ohnehin auf Französisch und Englisch begrenzten – Spracherlernung eine Aneignung fremder Kultur und damit eine Steigerung des eigenen Bewußtseins erhofften, sowie jene, denen es realistisch-pragmatisch primär um Sprachkompetenz ging. Doch in den preußischen Lehrplänen kam es zum Ausgleich zwischen „humanistischen und realistischen Bildungsinhalten“. So hätten auch die auf Berufsvorbereitung geeichten „Realanstalten“ nicht gänzlich „aktuelle gesellschaftliche Forderungen“ erfüllt und „Geistformung qua Bildung“ im Unterricht integrieren müssen – was ein „unbestreitbarer Vorzug“ dieses Systems gewesen sei. Dieser bildungspolitische Kurs des Ausgleichs wurde aber seit 1968 verlassen, so daß „Bologna“ zum „alternativlosen“ Triumph des ökonomistischen Realismus zu geraten scheint.

 

Forschung Afrikas auf Niveau der Niederlande

BERLIN. Im afrikanischen Vergleich liegen die Hochschulen Südafrikas an der Spitze. Im globalen „Ranking“ findet man die auf dem schwarzen Kontinent führende Universität von Kapstadt erst auf dem 146. Platz. Fußballerisch gesprochen steht man damit nicht nur am Kap „klar im Abseits“. Denn alle 53 afrikanischen Staaten mit mehr als einer Milliarde Menschen produzieren seit 1998 jährlich nur 30.000 wissenschaftlich relevante Veröffentlichungen („Papers“) – etwa so viele wie die Niederlande. Noch alarmierender ist dieser Vergleich, wenn man weiß, daß das Gros der Publikationen aus nur drei Nationen stammt: Südafrika, Nigeria und Ägypten. Derzeit ist die Forschungsaktivität Afrikas viel zu gering, um irgendwo zwischen Kairo und Kapstadt die Wirtschaft zu stimulieren. Forschungsförderung leisten primär weltweit agierende Konzerne. China gibt derzeit ebenfalls viel Geld für Forschungskooperationen und Stipendien aus, um seinen Fuß in die Tür des afrikanischen Rohstoffmarktes zu stellen. Solche Förderung von außen vertieft indes die Bildungsmisere des Kontinents, da nur die Stipendiaten aus China, wo für sie die „kulturellen Unterschiede zu groß“ seien, in ihre Heimatländer zurückkehrten, nicht aber die aus den USA und Europa (Deutsche Universitäts-Zeitung, 6/2010).

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