© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/10 16. Juli 2010

Aufgeschnappt
Pamplona an der Unterweser
Matthias Bäkermann

Es liegt wohl nicht nur an ihren fehlenden „Cojones“, daß männliche Rinder im Rodenkirchen in der Wesermarsch weniger heißblütig agieren als im spanischen Pamplona, wo beim alljährlichen Stiertreiben und dem Kampf in der Arena reichlich Blut fließt.

Ganz antiautoritär geht es nämlich bei der „Formel-Ox-Wesermarsch“ zu, dem am Wochenende stattfindenden Ochsenrennen, wo die meist von jugendlichen Damen berittenen kastrierten Vettern ganz gemächlich dem Ziel entgegenschreiten. „Die Strecke ist nur 80 Meter lang. Zudem dürften die Ochsen stehenbleiben, wann sie wollen“, parieren die Veranstalter in oldenburgischer Gelassenheit jede Kritik an einer „Verunglimpfung der Tiere“. Diese kommt ausgerechnet aus Bayern. Die Angst der Tiere werde für einen „Gaudifaktor instrumentalisiert“, begründet Mechthild Mench von der Tierschutzorganisation „animal 2000“ ihren Protest. Bestärkt durften sich ihre Münchner Aktivisten sogar durch eine Aussage aus Astrid Grotelüschens (CDU) niedersächsischem Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft fühlen, wo man das Ochsenrennen ebenfalls aus „ethischen und moralischen Gründen hinterfragt“ habe. Doch mittlerweile gibt Hannover grünes Licht: „Es ergibt sich keine tierschutzrechtliche Grundlage, die Veranstaltung zu untersagen“, zitiert die Nordwest-Zeitung das Ministerium. Örtliche Veterinäre winken die Proteste ohnehin ab, die Kritiker seien „wenig informiert“. Auch Favorit „Wesersprinter“ widerspricht der These, man veranstalte nur einen „makabren Werbefeldzug der regionalen Fleischindustrie“, denn der Ochse aus dem Stall von Folkert Folkens hat seinen Sieg von 2008 in Topform überlebt.

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