© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/10 16. Juli 2010

WIRTSCHAFT
Finger weg vom gläsernen Bürger
Klaus Peter Krause

Elena ist keine bezaubernde russische Agentin, sondern ein neues deutsches Ungetüm. Es ist ein Akronym für den „Elektronischen Entgeltnachweis“, die Datenbank zum zentralen Speichern von Einkommensbescheinigungen. Seit Januar müssen Arbeitgeber die Entgeltdaten ihrer Beschäftigten elektronisch dorthin übermitteln. Bis dahin hatten sie diese bei Bedarf auf Papier ausgestellt. Behörden brauchen solche Angaben für die Anträge auf Sozialleistungen wie Arbeitslosen-, Wohn- und Elterngeld. Die Arbeitsagenturen, die Wohn- und Elterngeldstellen können dann auf diese Daten direkt zugreifen, müßten nicht mehr bei den Arbeitgebern anfragen. Damit will man Kosten sparen. Digitales Übermitteln ist billiger und außerdem schneller – das klingt sinnvoll, hat aber seine Tücken.

Gespeichert wird an persönlichen Daten weit mehr als nur das gezahlte Entgelt und die Beschäftigungszeiten, nämlich auch die sonstigen individuellen finanziellen Lebensumstände. Zudem will man Antragsteller besser kontrollieren. Wohl sollen Behörden nur mit Zustimmung des Antragstellers auf diese Daten zugreifen können – aber hier werden immerhin die Daten aller Arbeitnehmer zentral auf Vorrat gespeichert, auch wenn eine Behörde sie nur dann benötigt, wenn jemand eine Unterstützung beantragt. Die zentrale Erfassung bleibt nicht auf die Bedarfsfälle beschränkt. Es ist ein weiterer Schritt zum gläsernen Bürger. Außerdem ist der Anreiz, eine zentrale Datenstelle auch zu mißbrauchen, besonders hoch. Ebenso ist Diebstahl möglich. Geklaute Datensätze sind wertvoll und finden Interessenten. Selbst der deutsche Staat kauft Diebesgut, wie das Beispiel der gestohlenen Schweizer Bankdaten drastisch gezeigt hat. Also Finger weg von Elena.

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