© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/10 30. Juli / 06. August 2010

Fest in der Hand arabischer Clans
Einwanderung: Nach dem Freitod der Jugendrichterin Kirsten Heisig debattiert Berlin über ausländische Drogenhändler im Kindesalter
Ronald Berthold

Manchmal können Politiker sehr ehrlich sein. Ein solch seltenes Exemplar ist der oft gescholtene Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Vergangene Woche fand der 68jährige eine ziemlich simple Erklärung für den Rückgang der Jugendgruppengewalt während des ersten Halbjahres 2010 in der Hauptstadt: „Nicht zuletzt wirkt sich auch die demographische Entwicklung auf die Jugendkriminalität aus. Es gibt immer weniger Jugendliche.“

Das Thema, dessen Bekämpfung die verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig (siehe auch Seite 12) so stark umtrieb, erledigt sich also biologisch? Mitnichten. Noch immer wechseln viele Menschen die Straßenseite, wenn ihnen junge Migranten – gleichgültig, zu welcher Tageszeit – entgegenkommen. „Das subjektive Sicherheitsgefühl sieht anders aus“, entgegnet denn auch Peter Trapp (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. Er ätzt: „Die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Wenn man nicht kontrolliert, sinkt auch die Zahl der Straftaten.“

Und so beherrschen derzeit kriminelle Kinder und Jugendliche die Schlagzeilen der Berliner Presse. Der Migrationshintergrund steht zwar nicht im Vordergrund, er läßt sich trotz bemühter politischer Korrektheit aber nicht ganz verheimlichen. Wie soll man sonst den Lesern erklären, daß ein angeblich elfjähriger Junge zum elften Mal beim Dealen mit Heroin erwischt worden ist, ohne daß er seinen Eltern übergeben werden kann? Das Kind ist – so die offiziellen Meldungen – ohne Erziehungsberechtigte aus dem Libanon nach Deutschland gekommen und wird staatlich betreut. Wie in diesem Alter eine solche Einreise möglich ist, dafür gibt es bisher allerdings keine plausible Antwort.

Die Kriminalitätsstatistik spricht jedoch in einer anderen Frage eine eindeutige Sprache: 74,3 Prozent aller festgenommenen Heroinhändler besitzen keinen deutschen Paß. Der Rest hat zum großen Teil einen Migrationshintergrund, der statistisch nicht erfaßt wird. Das Geschäft mit Rauschgift ist nicht nur in Berlin fest in der Hand von Ausländern.

Arub M. heißt das Dealerkind, das deutlich älter wirkt als die elf Jahre, auf die ihn die Polizei schätzt. Ermittler glauben bei den Vernehmungen, einen 16jährigen vor sich zu haben. Die offizielle Altersangabe bezieht sich allein auf Arubs Aussagen. Eine Überprüfung, die zum Beispiel anhand von Untersuchungen der Fingerknöchel problemlos möglich wäre, ist jedoch nicht vorgesehen. Offenbar genießt der Junge trotz seiner kriminellen Karriere und des Widerspruchs zwischen Alter und seinem Aussehen volle Glaubwürdigkeit. Das heißt, der Libanese bleibt noch weitere 36 Monate straffrei, weil er erst ab dem 14. Lebensjahr zur Verantwortung gezogen werden kann.

 Kinder und Drogenhandel ist kein neues Thema. Seit vielen Jahren bedient sich die von arabischen Clans beherrschte organisierte Kriminalität in Berlin Minderjähriger, um das lukrative Geschäft ungestraft durchziehen zu können. Gleichzeitig beziehen die Großfamilien astronomische Transferleistungen. Ein Ärgernis, dem Polizei und Ämter absolut hilflos gegenüberstehen.

Immerhin „fordert“ Körting nun ein „konsequentes Vorgehen gegen die Eltern und Verwandten der Kinder“. Es handele sich, so der im Alter inzwischen sehr wahrhaftig gewordene SPD-Politiker – der Linksextremisten und Antifaschisten gerade erst als „rotlackierte Faschisten“ bezeichnet hat – „um kriminelle kurdische Familien, die aus dem Libanon eingereist sind“. Die Kinder müßten „ohne Rücksicht auf Verluste“ aus diesen Familien gelöst werden. Ob es den Behörden tatsächlich gelingt, in diese abgeschotteten Clans einzudringen, ist jedoch genauso fraglich wie eine effiziente Bekämpfung des Drogenhandels.

Denn der läuft, wie gehabt, an in der gesamten Stadt bekannten Plätzen. Tatort U-Bahnhof: Mitten unter den wartenden Fahrgästen stehen Menschen, die Zug um Zug fahren lassen und partout nicht einsteigen wollen. Dann treiben sie sich auf den unterirdischen Gängen herum und tauschen urplötzlich und blitzschnell Ware gegen Bares. Auch Arub lungert hier täglich scheinbar unbeteiligt herum. Berüchtigt ist die Linie U 8, die wegen ihrer überwiegend nichtdeutschen Fahrgäste schon seit den achtziger Jahren im Volksmund „Orientexpreß“ genannt wird.

Ein noch größeres Problem stellen Angriffe auf Polizisten dar. In den Innenstadtbezirken können die Beamten kaum noch junge Straftäter festnehmen, weil sich wie aus dem Nichts immer häufiger Hunderte von Brüdern, Cousins und Kumpels versammeln, die die Delinquenten zu befreien suchen – und das oft mit Erfolg. Vergangene Woche, nachts in Wedding: Ein scheinbarer Routineeinsatz gerät zum Desaster. Eigentlich soll ein Supermarkträuber festgenommen werden. Die Beamten werden beim Eintreffen sofort so stark bedroht, daß ein Polizist um sein Leben fürchtet. Er schießt schließlich gezielt in das Bein eines Angreifers. Erst als zahlreiche Verstärkung anrückt, kann die Polizei die Lage beruhigen. Der Räuber aber ist über alle Berge. Unter dem Problem der Zusammenrottung leiden inzwischen auch Notärzte und Feuerwehr, die Unfall- oder Verbrechensopfer vielfach nur noch unter massivem Polizeischutz versorgen können. Kürzlich wurde sogar ein Rettungshubschrauber mit Feuerwerkskörpern beschossen.

Auch Freibäder sind fast mehr Tat- denn Vergnügungsorte (JF 30/10). Entsprechend martialisch wirkt das Personal: Türstehertypen wachen über den Schwimmbetrieb. Viele deutsche Jugendliche meiden die Anlagen aus Angst vor Gewaltausbrüchen arabischer Gangs inzwischen. Die riesigen Sicherheitsaufgebote verschlingen soviel Geld, daß die Bäderbetriebe selbst in diesem heißen Sommer tiefrote Zahlen schreiben und sich weigern, trotz großer Nachfrage die Öffnungszeiten zu verlängern.

Nach langer Zeit der Verniedlichung und der Leugnung der massiven Probleme werden in Berlin zunehmend diverse Strategien zur Bekämpfung der Jugendkriminalität erprobt. Dazu gehört nicht nur das von der Jugendrichterin Kirsten Heisig gegen viele Widerstände der rot-roten Verwaltung durchgesetzte „Neuköllner Modell“. Demnach folgt die Strafe der Tat auf dem Fuße. Zwischen Delikt und Urteil vergehen nur drei bis vier Wochen.

Während Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) aus ideologischen Gründen versuchte, an vielen Stellen beim harten Durchgreifen zu bremsen, ist ihr Genosse Körting inzwischen richtig in Fahrt geraten und kaum vom Gaspedal wegzubekommen. Der Vater von fünf Kindern ist nicht nur in den Verein der deutlichen Aussprache eingetreten, sondern hat auch effiziente Maßnahmen gegen die vorwiegend ausländischen Intensivtäter erlassen, die fast alle unter 21 Jahren sind. Die schweren Jungs werden jetzt stets von denselben Kommissariaten bearbeitet. Den Beamten sind die kriminellen Karrieren ihrer Kunden also bekannt. Speziell ausgebildete zivile Polizeiteams suchen die Serienverbrecher regelmäßig auf der Straße auf und geben ihnen unmißverständlich zu verstehen, daß sie unter Beobachtung stehen.

Auch dies mag – neben der demographischen Entwicklung – zum Rückgang der Jugendgruppengewalt beigetragen haben. Die Kriminalstatistik beschreibt allerdings noch einen anderen, weniger guten Grund dafür: „Nach Einschätzungen der Kommissariate, die speziell mit der Bearbeitung von Jugendgruppengewalt betraut sind, wird mittlerweile ein Teil der ehemaligen Täter aus diesem Bereich in anderen Deliktsbereichen wie Einbruch oder Betrug tätig, da dort neben anderem ein kleineres Entdeckungsrisiko besteht sowie eine geringere Strafandrohung gegeben ist.“

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