© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/10 03. September 2010

Migration: Gaddafi fordert Milliarden
Unsicheres Fundament
von Curd-Torsten Weick

Muammar al-Gaddafi kennt seine Pappenheimer. Die „Festung Europa“ starrt aus Furcht vor illegalen Flüchtlingsströmen aus Afrika seit Jahren gebannt in Richtung Mittelmeer. Sie beschwört die „Partnerschaft bei der Migrationspolitik“ und läßt sich das auch einiges kosten. Über vier Milliarden Euro macht die EU mit ihrem Rahmenprogramm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ für den Zeitraum 2007 bis 2013 locker.

Für Gaddafi ein Tropfen auf den heißen Stein. Fünf Milliarden Euro jährlich verlangt er für seine Dienste und untermauert seinen kleinen „Deal“ mit der These: „Europa kann schon morgen zu einem zweiten Afrika werden.“ Inspiriert vom italienisch-libyschen Freundschaftspakt, der Tripolis als Entschädigung für Roms Kolonialzeit neben Milliardenzahlungen auch Patrouillenschiffe zubilligt, setzt der Revolutionsführer die EU unter Druck. Denn eins ist sicher: Seitdem Libyen zur Zusammenarbeit bereit ist, sind die Flüchtlingszahlen in Richtung Italien signifikant zurückgegangen. Doch kein Jubelschrei ist aus Brüssel zu vernehmen. Statt dessen kritisiert das EU-Parlament die Behandlung der Flüchtlinge in Libyen in harschen Tönen und fordert Konsequenzen. Eine kohärente Politik sieht anders aus. Die „Festung Europa“ steht auf unsicherem Fundament.

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