© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/10 17. September 2010

Rechte haben gute Chancen
Reichstagswahl in Schweden
Jörg Fischer

Daß sich Dänen und Schweden nicht besonders mögen und beide Länder auch politisch viel trennt, wurde vor zwei Wochen wieder offenbar. Als sich der Privatsender TV4 weigerte, eine kurze Wahlwerbung der rechten Schwedendemokraten (SD) auszustrahlen (JF 36/10), war die Empörung bei den dänischen Medien und Politikern besonders groß: Regierungsmitglieder sprachen von Zensur, Pia Kjærsgaard, Chefin der rechten Dänischen Volkspartei, fühlte sich an undemokratische Verhältnisse wie in Osteuropa erinnert. Sogar der Einsatz von Wahlbeobachtern war im Gespräch, um einen korrekten Ablauf des Urnengangs am 18. September zu gewährleisten.

Der SD-Spot durfte schließlich in einer zensierten Version (die verschleierten Einwanderer waren unkenntlich gemacht) gesendet werden, doch die Angst der sieben etablierten Parteien und der Leitmedien vor einem erstmaligen Einzug der SD in den Stockholmer Reichstag ist seit dem TV4-Skandal eher noch gewachsen. SD-Chef Jimmie Åkesson spricht sogar davon, drittstärkste Partei zu werden. Das dürfte Wunschdenken des 31jährigen sein, doch Umfragen sehen die SD mit sechs Prozent über der Vier-Prozent-Hürde. Vor allem in den südschwedischen Städten mit hohem Einwandereranteil könnten es sogar zweistellige Ergebnisse werden. Im dünnbesiedelten Norden ist die Partei dagegen bislang nicht präsent. Dort kennt man muslimische Parallelgesellschaften und steigende Gewaltkriminalität nur aus dem Fernsehen.

Da der bürgerlichen Vier-Parteien-Koalition von Premier Fredrik Reinfeldt einerseits und den drei linken Oppositionsparteien andererseits zusammen jeweils zwischen 43 und 45 Prozent prognostiziert werden, könnten Åkessons Schwedendemokraten neue politische Bündnisse erzwingen. Wie die aussehen, läßt sich noch nicht sagen – nur eins steht schon jetzt fest: Sowohl Reinfeldt als auch die sozialdemokratische Oppositionschefin Mona Sahlin haben eine Kooperation mit den SD kategorisch ausgeschlossen.

Die Regierung versucht indes die Sorgen der Bürger zumindest verbal aufzugreifen. Migrationsminister Tobias Billström sprach sogar von einem „Scheitern der Integrationspolitik“. Die Piratenpartei, die bei der Europawahl 2009 auf 7,1 Prozent kam, kann das Dilemma der bisherigen Reichstagsparteien wohl nicht auflösen: Ihr werden laut Umfragen weniger als vier Prozent prognostiziert.

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