© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/10 17. September 2010

Frisch gepresst

Werner Conze. Zu den Historikern, die in den neunziger Jahren posthum im Stil der SED-Agitation als „Vordenker der Vernichtung“ (Götz Aly) stigmatisiert und auf die Anklagebank gesetzt wurden, gehörte auch der 1986 verstorbene Werner Conze, nach 1945 einer der einflußreichsten Vertreter seines Faches. Eine wissenschaftlich solide Biographie, die den Pamphleten Alys und seines Anhangs hätte entgegengesetzt werden können, fehlte bisher. Jan Eike Dunkhase beansprucht, sie jetzt mit seiner an der FU Berlin, bei Jürgen Kocka und Paul Nolte entstandenen Dissertation geliefert zu haben (Werner Conze. Ein deutscher Historiker im 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, gebunden, 378 Seiten, 39,90 Euro). Im Vergleich mit willigen Simplifizierern wie Aly fallen die Urteile über Conzes Königsberger Zeit im Kontext der „Ostforschung“ tatsächlich quellennäher und abgewogener aus. Und Ingo Haars Geschwätz von der „Genesis der Endlösung aus dem Geist der Wissenschaft“ wird als „gefährlich weit über das Ziel hinausschießend“ zumindest in einer Anmerkung dem Narrensaum zugerechnet. Allerdings vermag sich auch Dunkhase nicht aus zeitgeistigen Verklemmungen zu lösen, wenn er Hans Mommsens Diktum von Conze und Theodor Schieder als den „Schildknappen des NS-Regimes“ beipflichtet. Das wissenschaftshistorische Schwergewicht des Bandes liegt indes auf Conzes Nachkriegskarriere und seinem innovativen Beitrag zur Begriffs- und Sozialgeschichte. Dank des neu erschlossenen Nachlasses kann Dunkhase dies differenziert, mitunter aber auch in jener ermüdenden Breite darstellen, die bei der Rekonstruktion der Geistesgeschichte der alten BRD wohl nicht zu vermeiden ist.

 

Geldpolitik. Der Volkswirt, Krisenprophet und Publizist Roland Baader wurde in seiner stattlichen Anzahl von Publikationen nicht müde, auf die Fragilität des Geld- und Währungssystems hinzuweisen. Jetzt, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, versenkt der Vertreter der österreichischen Schule der Nationalökonomie sein Schwert schon gar nicht in der Scheide und schreibt in seinem aktuellen Werk hartnäckig gegen den „Geldsozialismus“ an (Die wirklichen Ursachen der neuen globalen Depression. Resch Verlag, Gräfelfing 2010, broschiert, 166 Seiten, 13,90 Euro). Nicht zuletzt der unablässig Milliarden von Euro verschlingende Schlund der Pleitebank Hypo Real Estate ruft wach, daß die Finanzkrise nur oberflächlich ausgestanden ist. Baader beklagt, daß die Geldmenge nicht durch den Markt, sondern durch Staatsmonopole und zentrale Notenbanken – auch noch als „Rettungspaket“ getarnt – permanent vermehrt wird, wodurch die nächste gefährliche Blase aufgebaut wird. Das Feuer wird momentan mit Benzin bekämpft.

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