© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/10 24. September 2010

Südlich der Karawanken herrschte der Schrecken
Neue Funde von Massengräbern in Slowenien weisen auf die Blutspur hin, die die Tito-Partisanen Ende des Zweiten Weltkriegs zogen
Peter Wassertheurer

Das Erdreich der Republik Slowenien gleicht einem Schlachtfeld. Erst unlängst wurde wieder ein Massengrab mit 700 Leichen gefunden. Das 21 Meter lange und drei Meter breite Grab liegt in der Ortschaft Leše (deutsch: Liescha) in der Gemeinde Prevalje nahe der Grenze zu Kärnten. In Slowenien hat man seit der Wende bislang 500 solcher Massengräber entdeckt. Experten wie Marko Štrovs, Leiter der Einrichtung „Dienst für Kriegsgräber“ im slowenischen Außenministerium, glauben, daß diese Zahl noch steigen wird. Die Opfer von Liescha weisen „massive Schlag- und Schußverletzungen“ auf und wurden kniend hingerichtet. Es handelte sich nach Kriminaltechnikern der Polizeidirektion Slovenj Gradec (deutsch: Windischgraz) um eine Massenexekution. Einige wurden erschossen, die meisten aber grausam mit Stöcken und Äxten erschlagen.

Der Fall liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft in Laibach. Über DNA-Analysen hofft man mehr über die Identität der Opfer dieses Massakers sagen zu können. Nach Abschluß der Untersuchungen soll für die Opfer eine letzte Ruhestätte gefunden werden. Über die Täter dieses Massakers sind sich die Historiker einig: Es waren kommunistische Tito-Partisanen, die ab den Herbstmonaten 1944 eine Blutspur durch das gesamte jugoslawische Staatsgebiet zogen.

Slowenien zeigt Interesse an Aufarbeitung des Unrechts

Zu den geschätzten bis zu 40.000 Opfern zählten neben Angehörigen der Wehrmacht auch Volksdeutsche, königstreue serbische Četniks, Mitglieder der kroatischen Ustaša-Bewegung, slowenische Weißgardisten (Domobrancen) und Angehörige des slowenischen Städtebürgertums. Österreichische Historiker gehen davon aus, daß sich unter den Opfern auch etwa hundert Kärntner befinden, die von den Partisanen über die Karawanken verschleppt worden waren. Viele der Opfer, unter ihnen vor allem wohlhabende slowenische Familien, waren zuvor auf der Burg Ravne (Gutenstein) inhaftiert. Der Kärntner Landtagspräsident Josef Lobnig (Freiheitliche) schlug wegen der Opfer aus Kärnten vergangene Woche vor, eine eigene Untersuchungskommission zu den Massengräbern zu entsenden.

Für die Kommunisten galten sie pauschal als Kollaborateure und Volksfeinde. Zieht man die Ergebnisse, die man aus Untersuchungen der bisherigen Massengräber kennt, zum Vergleich heran, decken die sich mit den Erzählungen aus Liescha. Die Morde geschahen vom 17. bis zum 19. Mai 1945, 19 vorbeifahrende Lastwagen wurden in der Ortschaft beobachtet. Auf den Ladeflächen hockten dicht aneinandergepfercht Gefangene. Sie wurden in den Wald geführt und dort hingerichtet. Nach diesem Muster funktionierte die Mordmaschinerie der nicht selten mit sadistischer Grausamkeit vorgehenden Partisanen. Obwohl oftmals wegen ihrer Untaten lokal bekannt, wurden sie nach 1945 in keinem bekannten Fall zur Rechenschaft gezogen. Das brutale Morden ereignete sich vorzugsweise in Karsthöhlen, Steinbrüchen und Schluchten abgelegener Wälder. Traurige Bekanntheit erlangte seit 1990 die Hinrichtungsstätte im südlich von Laibach gelegenen Hornwald (Kočevski Rog) in der Gottschee, wo seit der Umsiedlung der deutschen Gottscheer 1942 hinter die Grenzen des Großdeutschen Reiches nur 50 Kilometer entfernt ein unbewohntes Rückzugsgebiet der Partisanenbewegung entstand (Basislager – Baza 20).

Die slowenische Regierung zeigt nach Jahrzehnten des Schweigens großes Interesse an der Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Was jedoch nicht heißt, daß man für die Verbrechen der Vergangenheit die Verantwortung übernimmt. Der sachlichen Dokumentation fehlt die moralische Auseinandersetzung mit dem, was im eigenen Namen auf slowenischem Boden nach 1945 an Greueltaten geschah. Politik, Medien und der Großteil der Bevölkerung stecken noch immer in ihrer antifaschistischen Rechtfertigungsideologie fest.

Unter dem Trauma der Vergangenheit leidet auch die kleine deutsche Volksgruppe in Slowenien. Zunächst von Titos Schergen verfolgt und nach 1945 totgeschwiegen, konnte der Grazer Historiker Stefan Karner erst 1990 ihre Existenz in einer Studie nachweisen. Sie umfaßt eine Größenordnung von 2.500 Personen. Ihre Zentren liegen in Maribor (Marburg an der Drau), im Abstaller Feld und in der Gottschee. Obwohl die Geschichte der Deutschen im ehemaligen südlichen Teil des Herzogtums Steiermark bzw. der Krain bis ins Mittelalter zurückreicht, gilt die deutsche Volksgruppe nicht als autochthon. Die Vertriebenenverbände in Österreich wittern hier Diskriminierung und einen Bruch von EU-Recht. Immerhin gewährt die slowenische Verfassung anderen kleinen Volksgruppen wie den 3.000 Italienern oder 8.000 Ungarn sehr wohl ein autochthones Volksgruppenstatut. Ihnen stehen damit weitreichende Minderheitenrechte zu, Sonderrechte wie staatliche Basisförderungen zur Pflege der Kultur und zur Finanzierung des autonomen Kindergarten-, Medien- und Schulwesens. Der deutschen Volksgruppe werden solche Privilegien vorenthalten, was elementaren europäischen Minderheitenrechten widerspricht.

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