© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

„Die Euro-Krise kommt zurück“
Euro-Konferenz in Berlin: Trotz der Rettungspakete wird die bisherige Währungsunion nicht zu halten sein / JF-Gespräch mit Nigel Farage
Jörg Fischer

Der Veranstaltungsort, eine verfallende Industriehalle in Berlin-Schöneweide, paßte zum Thema: „Der Euro vor dem Zusammenbruch – Wege aus der Gefahr“. Auch von den 50 Euro Eintritt ließen sich die 670 Teilnehmer nicht abschrecken, denn vorigen Samstag waren elf hochkarätige Referenten zu diesem Kongreß der 2009 gegründeten überparteilichen „Volksinitiative“ (JF 6/10) des linken Publizisten Jürgen Elsässer gekommen.

Erster Redner war der Währungsexperte Wilhelm Hankel, der unter Verweis auf den Nationalökonomen Eugen von Böhm-Bawerk erläuterte, warum Währungsunionen scheitern und dem Euro das gleiche Schicksal droht. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider, der mit Hankel und weiteren Professoren vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Euro-Rettungsschirm klagt (JF 29/10), referierte über die juristischen Aspekte. Der britische Europaparlamentarier Nigel Farage stellte die ganze EU in Frage (siehe JF-Interview).

Max Otte korrigierte das Konferenzmotto: Das Problem sei die Macht der Finanzoligarchie und ihr Einfluß in Brüssel. Der N24-Börsenexperte Michael Mross sah in der Zweckgesellschaft EFSF zur Euro-Rettung (JF 35/10) den „Höhepunkt des Wahnsinns“. Eike Hamer vom Mittelstandsinstitut Niedersachsen kritisierte den Wandel von einer Markt- zu einer „Machtwirtschaft“. Einziger Verteidiger des Euro war ausgerechnet der letzte Vizepräsident der DDR-Staatsbank, Edgar Most.

 

Herr Farage, warum unterstützen Sie den Aktionskongreß „Der Euro vor dem Zusammenbruch“ der eurokritischen Volksinitiative um Jürgen Elsässer?

Farage: Ich freue mich, einmal die Chance zu haben, all die kritischen Köpfe bei Ihnen in Deutschland kennenzulerne, die angesichts des Kurses der EU ernstlich besorgt sind um den Fortbestand der Demokratie in Europa.

Sie sind Vorsitzender der euroskeptischen Fraktion EFD im EU-Parlament. Deutschland ist bisher auf Ihrer politischen Landkarte doch ein weißer Fleck!

Farage: Deutschland ist eines der größten Länder in Europa, und es hat in der Tat nicht einen einzigen Repräsentanten in der euroskeptischen Fraktion. Außerdem ist meine Frau Deutsche, und ich weiß durch ihre Familie, daß es bei Ihnen ein starkes Gefühl gegen die Richtung gibt, in die die EU vorangetrieben wird. Ich hoffe also, daß auch in Deutschland eine respektable, nicht extreme, euroskeptische Bewegung entstehen wird.

Steht denn der Euro wirklich vor dem Zusammenbruch?

Farage: Der Euro ist ein verrücktes Projekt, eine Narretei. Um die Stabilität der europäischen Wirtschaftsräume als ganzes auf Dauer zu sichern, müßten entweder die schwachen Mittelmeerländer den Euro verlassen oder die Deutschen.

In der öffentlichen Debatte ist die jüngste Griechenland-Krise allerdings schon fast vergessen.

Farage: Oh, die Krise wird zurückkommen – schlimmer als zuvor. Denn Griechenland ist doch gar nicht der eigentliche Problemkandidat. Portugal wird zu einem viel schlimmeren Problem werden und ebenso Irland – Heulen und Zähneklappern.

Wann?

Farage: Wenn ich das voraussagen könnte, wäre ich ein gemachter Mann. Sagen wir es so: Sicher werden wir noch alle in scheinbarer Ruhe Weihnachten feiern können, aber ab dann halte ich alles für möglich. Die Zahlen etwa der Iren sind schon jetzt ganz furchtbar – sehr beunruhigend!

Auf dem Kongreß sprechen Deutschlands exponierteste Euro-Kritiker, die großen deutschen Medien fehlen aber.

Farage: Ein Fehler, denn bis zum Jahr 2013 werden die Schulden Griechenlands, Spaniens und anderer Länder so weit wachsen, daß sie nicht mehr in der Lage sein werden, sie jemals zurückzuzahlen. Die deutsche Regierung müßte dann eimerweise deutsche Steuergelder dorthin schaffen, um den Euro zu retten. Es wird zu einer Wirtschaftskrise kommen, die das ganze Projekt der politischen Union in Frage stellen wird.

 

Nigel Farage ist seit 1999 Europaabgeordneter der United Kingdom Independence Party (UKIP) und dort einer der beiden Vorsitzenden der EU-skeptischen Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“ (EFD).

Hintergrund  zur Konferenz  „Der Euro vor dem Zusammenbruch – Wege aus der Gefahr“:  www.euro-konferenz.de

 

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