© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

„Das Institut ist ein Erfolg“
Interview: Erik Lehnert, Chef des Instituts für Staatspolitik, zieht Bilanz
Moritz Schwarz

Herr Dr. Lehnert, vor zehn Jahren wurde das Institut für Staatspolitik (IfS) als „Reemtsma-Institut von rechts“ gegründet. Was ist aus diesem Anspruch geworden?

Lehnert: Ich hatte gehofft, der Spruch vom „Reemtsma-Institut“ sei endlich in Vergessenheit geraten. Also kurz: Wir haben keinen Gebäudekomplex samt Bibliothek und einem Dutzend Mitarbeiter. Aber wir bieten seit zehn Jahren ein konservatives Bildungs- und Forschungsprogramm an, das sich sehen lassen kann und das es so in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands noch nie gab. Wir werden von den Medien zwar nicht jeden Tag um unseren Kommentar zur Lage gebeten, aber wir können eine Menge guter Argumente und Vorschläge auf den Tisch legen, wenn wir gebraucht werden.

Also eine positive Bilanz?

Lehnert: Positiv, auf jeden Fall. Der Aufbau des Instituts ist ein Erfolg.

Erfolgreich ist man aber doch erst dann, wenn man die Dinge beeinflußt, nicht wenn man nur die Fähigkeit dazu hat.

Lehnert: Unser Institut ist komplex angelegt. Seine Arbeit besteht aus drei Säulen: Erstens sind wir eine politische Bildungseinrichtung. Diese Aufgabe erfüllen wir mit unseren Winter- und Sommerakademien sowie mit unseren Kollegs. Wir haben seit unserer Gründung zu unseren Veranstaltungen ein paar tausend Teilnehmer begrüßen können und mit rund fünfhundert Schülern und Studenten intensive Bildungsarbeit betrieben. Die Besten fördern wir weiter. Zweitens sind wir eine wissenschaftliche Einrichtung. Unsere festen und freien Mitarbeiter leisten als Autoren und Analytiker publizistische und wissenschaftliche Arbeit für die institutseigene Zeitschrift Sezession und unsere „Wissenschaftliche Reihe“, in der etwa auch die sehr erfolgreiche Studie „Der Fall Sarrazin“ erschienen ist. Die dritte Säule wäre der direkte Kontakt zu Medienvertretern und Politikern, aber über den Erfolg dieses Schritts entscheiden wir nicht mehr selbst.

Und? Wie ist da das Ergebnis?

Lehnert: In drei Monaten vielleicht schon viel besser als jetzt. Thilo Sarrazin hat für unsere Themen und unsere Argumente eine Tür eingetreten, man kann das ja kaum anders bezeichnen. Plötzlich scheint eine Debatte über die Probleme der Überfremdung möglich zu sein – ein Thema, an dem wir seit Jahren arbeiten.

Um es einmal polemisch zu sagen: Sie sind vorbereitet, werden aber vielleicht nicht gebraucht …

Lehnert: Das könnte am Ende aller Zeiten die Bilanz sein, ja. Aber im Ernst: Nehmen Sie zum Beispiel unsere Studie „Politik ohne Überzeugung. Merkels Union“ von 2005. Dort wurde bereits analysiert, wie die Union von Angela Merkel nach links verschoben würde. Heute ist das fast ein Allgemeinplatz. Dort wurde auch schon gesagt, wenn es eine neue Rechtspartei geben sollte, dann würde diese über kurz oder lang wiederum eine Partei der Mitte sein. Das ist nun das, was der Chef des Bielefelder Meinungsforschungsinstituts Emnid im Interview mit Ihrer Zeitung in der letzten Woche bestätigt hat. Natürlich will ich nicht behaupten, daß dies alles der subkutanen Wirkung unserer Arbeit zu verdanken sei, aber wir haben die Dinge vorweggenommen und so gut es geht frühzeitig zur Erkenntnis der Lage beigetragen. Und ganz ähnlich verhält es sich nun mit unserer Sarrazin-Studie.

Inwiefern?

Lehnert: Die Studie erschien bereits 2009 als Analyse des Streits um Sarrazins Interview in Lettre International, über den ja auch Ihre Zeitung damals breit berichtet hat. Damals haben wir etwa 4.000 Stück verkauft. Jetzt ist die Studie – aktualisiert und erneuert – mit noch einmal etwa 10.000 verkauften Exemplaren die derzeit meistverkaufte Begleitschrift zum Fall Sarrazin. Wir können also mit Recht beanspruchen, in der seriösen Deutung des Falls die Lufthoheit zu besitzen. Sicher wird das nicht so bleiben, ohne Zweifel arbeiten Migrationslobbyisten bereits an eigenen Studien, aber wir waren auf den Punkt vorbereitet und konnten unsere Arbeit sofort in die Diskussion einspeisen. Darüber berichtete die Süddeutsche Zeitung ebenso wie die Deutsche Presseagentur oder das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels. Und wir legen nach: Nächste Woche erscheint „Sarrazin lesen“, eine Untersuchung der Thesen Sarrazins auf ihre Stimmigkeit oder Dürftigkeit. Welches andere konservative Institut vermag so rasch und solide zu arbeiten?

 

Dr. Erik Lehnert, Jahrgang 1975, studierte Philosophie und ist seit 2008 Leiter des Instituts für Staatspolitik.

 

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