© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

Blick in die Medien
Onlinewerbung ist der neue Goldesel
Ronald Gläser

Sie sind eine ständig wiederkehrende Plage, über die sich Internetnutzer schwarz ärgern können: die immer neuen Tricks der Werbeindustrie, mit denen unser Blick auf etwas gelenkt werden soll, das wir gar nicht sehen wollen.

Mein Kollege, der mir gegenübersitzt, schimpft in regelmäßigen Abständen: „Da ist schon wieder so ein Fenster, in dem ein Werbefilm läuft.“ Seit geraumer Zeit gibt es Fenster, die einfach ins Bild springen und erst wieder verschwinden, wenn der Nutzer mehrfach auf „Schließen“ geklickt hat. Oder Filme, die einfach ablaufen, ohne daß sie gestartet worden sind. Das Allerneuste sind Anzeigen, die nur erscheinen, wenn der Nutzer mit der Maus auf ein Foto geht.

Jedoch: Aufregen nutzt nichts. Die Anbieter von Inhalten müssen auf ihre Kosten kommen und werden sich daher immer neue Methoden zum Geldverdienen ausdenken. Internetnutzer im allgemeinen – und die Deutschen im besonderen – mögen es nicht, für Inhalte zu zahlen. Kostenpflichtige Internetseiten werden nur schwach besucht. Vielversprechender ist es, kostenfreie Seiten mit Werbung vollzustopfen.

Wurden damit anfänglich nur Pfennigbeträge erwirtschaftet, so macht die Online-Werbung in Deutschland in diesem Jahr bereits fünf Milliarden Euro aus! Das Wachstum beträgt 19 Prozent. Selbst wenn sich diese Rate verlangsamen sollte, so wird die Online-Werbung 2011 mit großer Sicherheit die Zeitungswerbung vom zweiten Platz verdrängen. Das meiste Geld für Werbung in Deutschland fließt an Fernsehsender (38 Prozent), an zweiter Stelle liegen Zeitungen (19 Prozent) und Internetseiten (18 Prozent). Danach kommen Publikums- und Fachzeitschriften, Radio und Plakatwerbung.

Das wird nicht ohne Folgen für die Medien bleiben. Verlage werden sich weiter aufs Internet konzentrieren, Zeitungen dagegen werden an Bedeutung verlieren. Keine rosigen Aussichten für Deutschlands etwa 350 Tageszeitungen.

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