© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/10 08. Oktober 2010

CD: Fahl
Finstere Geräusche
Nils Wegner

Beim zentralen mystischen Epos des Hinduismus, dem Mahabharata, handelt es sich um eine über 2.000 Jahre alte Niederschrift der Fehde zwischen zwei legendären indischen Familien, den Pandavas und den Kauravas. Abgesehen von der Schilderung ihres Konkurrenzkampfes steckt das Werk – ähnlich wie in vergleichbaren Epen der griechischen und römischen Antike – voller Einlassungen zu Religion und Philosophie.

Daran, diese schwere, geistvolle Kost in Tonkunst umzusetzen, hat sich das Projekt „Fahl“ gemacht. Dabei handelt es sich um drei Musiker, die sich jeweils schon in diversen anderen musikalischen Ensembles hervorgetan haben. Sänger Cornelius Waldner stammt aus dem Black-Metal-Genre und arbeitet derzeit vor allem an seinem Neoklassik-Projekt „Sagittarius“ (JF 7/09), während seine Mitstreiter Marcel P. und Dimo Dimov zuvor in namhaften Neofolkgruppen wie Allerseelen, Svarrogh und Von Thronstahl tätig waren. Die Musik, die sie nun gemeinsam als Fahl machen, läßt sich am ehesten im diffusen Genre des „Dark Ambient“ verorten. Obskure synthetische Klangteppiche werden von verzerrten Stimmeinspielungen und undefinierbaren Geräuschen durchsetzt. Allein die sonore Stimme Waldners thront über der finsteren Geräuschkulisse, hin und wieder unterbrochen von markerschütternden Schreien.

Der Albumtitel „The Paths To Emptiness“ deutet auf ein tiefergehendes Konzept hin. Zu diesem Eindruck trägt auch das völlige Fehlen einzelner Liednamen bei, ebenso wie das akustische Erlebnis, bei dem die einzelnen Stücke ineinanderzufließen scheinen. Zwei der zehn Lieder bedienen sich der Texte des Mahabharata, während die Dichter Christian Dietrich Grabbe und Stefan George – ein Steckenpferd Waldners – jeweils einem weiteren Titel den Text leihen. Von Waldner selbst stammen weitere drei lyrische Stücke in deutscher und englischer Sprache. Beschlossen wird das Album mit Worten von John Milton und Jack London sowie einem Instrumentalstück.

Insgesamt handelt es sich bei „The Paths To Emptiness“, das auf dem israelischen Label „The Eastern Front“ erschien, um ähnlich schwere Kost wie seine große Inspiration, das Mahabharata. Finster und bedrohlich ist das Album, eine Elegie des leeren Herzens in zehn Aufzügen, ganz und gar getrimmt auf die Herbstzeit – nicht umsonst zeigt das Beiheft Bilder eines verfallenden Hauses in einem dämmernden Wald.

Alle kreative Energie Waldners und seiner musikalischen Kameraden scheint sich hier auf einen zukünftigen Endpunkt hin auszurichten: das „dunkle Zeitalter“, in der hinduistischen und buddhistischen Mythologie als „Kali-Yuga“ bezeichnet, an dessen Ende die Welt zerstört und ein neuer Kreislauf der Zeitalter eingeläutet werden wird. Mehrere Lieder bauen direkte Bezüge zu dieser „Endzeit“ auf; sie lassen dabei auch Erinnerungen an die esoterischen Lehren Julius Evolas wachwerden, der gerade die (Post-)Moderne mit ihren geistigen wie moralischen Entartungen als Zeichen für das bevorstehende Ende des Yuga wahrnahm.

„The Paths To Emptiness“ ist gewiß kein Album, das man „nebenbei“ hören kann. Es lädt jedoch zu Meditationen und düsteren Träumen ein.

Fahl, The Paths To Emptiness The Eastern Front 2010 www.www.sagittarius.de/fahl

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