© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/10 22. Oktober 2010

Aufgeschnappt
Jüdisch-Christliches in San Siro
Matthias Bäkermann

Am vergangenen Mittwoch gastierte bei Inter Mailand, dem Champions-League-Gewinner der letzten Saison, der englische Club Tottenham Hotspur. Der Fußballverein aus dem wenig feinen Londoner Norden geriet jedoch schon vor Anpfiff des Spiels ins Visier der italienischen Polizei, was der Symbolik der „Spurs“-Fans geschuldet war. Obwohl Tottenham nie ein Verein mit dezidiert jüdischer Anhängerschaft war, eigneten sich die Schlachtenbummler jüdische Symbole an. Die ursprünglichen Schmähungen gegnerischer Fans, die den Club vor Jahrzehnten wegen seiner Nachbarschaft zu einem Wohnviertel orthodoxer Juden verhöhnten, wurde unter den treuesten Gefolgsleuten allmählich zur stolzen Eigenbezeichnung: „Yid Army“.

Da die Ordnungskräfte in Mailand jedoch antiisraelische Ausschreitungen befürchteten, mußte der von den „Spurs“ oft mitgeführte Davidstern im Stadion von San Siro draußen bleiben. Selbst die Fanseite von Tottenham wies darauf hin, daß „Fahnen mit offenkundigen religösen oder politischen Aussage“ verboten seien und „von offiziellen Stellen konfisziert“ würden. Bei Inter ist man in dieser Frage besonders sensibilisiert, gerieten die Fußballer 2008 doch wegen des auf das Mailänder Stadtwappen zurückgehenden roten Kreuzes auf ihrem weißen Trikot ins Schußfeld von muslimischen Vereinen, die sich dadurch herausgefordert fühlten.

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