© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/10 29. Oktober 2010

Islam-Krimi mit Klischees
Bösewichter im Proporz
Fabian Schmidt-Ahmad

Schon längst dient das Medium des Kriminalromans zur Aneignung der verschiedensten Sujets. Ob Mittelalter oder NS-Zeit – kaum ein Gesellschaftsumfeld, welches nicht bereits als Kulisse diente für die ewige Frage: wer ist der Täter? Naheliegend, daß auch die muslimische Parallelgesellschaft zunehmend in den Fokus rückt. Stellt diese doch in ihrer geheimnisvollen Abgeschlossenheit, ihrer Gewaltaffinität und ihren archaischen Verhaltenskodizes eine ideale Projektionsfläche für die Phantasie des Krimiautors dar. Im Zeichen von Politischer Korrektheit und Furcht vor islamischer Gewalt sorgt dieses Sujet auch noch anderweitig für Spannung, wie der Streit um den Krimi „Ehre, wem Ehre …“ zeigte (JF 48/09).

Vor dieser Gefahr ist Monika Buttlers „Mord unter dem Halbmond“ wohl gefeit. Offensichtlich ging die Autorin mit einer Art Quote vor, nach der es für jeden muslimischen Bösewicht ein deutsches Pendant geben mußte. „Ein Kampf gegen Klischees“, wenn böse Islamisten auf gleichfalls gefährliche christliche Fundamentalisten stoßen, wie beispielsweise den „charismatisch-verführerischen“ Leiter von „Rettet das Abendland“. Im Vergleich zu dessen geheimnisvoller Exotik wirken die ihre Frauen verprügelnden Muslime fast bodenständig. Hier wird die Diskrepanz zwischen der Phantasie der Autorin und dem banalen Alltag allzu offensichtlich.

Leider bleibt der Roman durch dieses Zugeständnis deutlich unter seinem Potential. Denn eigentlich gelingt es Buttler durchaus, mit genauer Beobachtung ein Milieu nachzuzeichnen, in dem das Lebensrecht einer Frau von ihrem sozialen Status abhängt. Auch den Unwillen der deutschen Gesellschaft sowie die Unfähigkeit ihrer Institutionen, dieser Herausforderung entgegenzutreten, sieht die Autorin mit genauem Auge. Doch mit seinem pädagogischen Impuls, „Klischees“ hinterfragen zu müssen, wird der Roman selbst zum Klischee. Natürlich darf nicht der persische Teppichhändler fehlen, der dem Romanhelden hilft. „Rettet das Abendland“ verkommt dagegen zur Haß-Einrichtung. Ist das die Lösung Buttlers, die mit einem Iraner zusammenlebt: zivilgesellschaftlicher Aufstand gegen religiösen Fanatismus? Da verkennt sie allerdings die Grundlagen des Abendlandes.

Monika Buttler: Mord unter dem Halbmond. Schardt Verlag, Oldenburg 2010, broschiert, 191 Seiten, 12,80 Euro

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