© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/10 05. November 2010

Ungarns Rechtspopulismus
Kultur des Ressentiments
(jr)

Auf das Phänomen des europäischen „Rechtspopulismus“ reagieren deutsche Sozialwissenschaftler mit einem altbackenen Deutungsmuster: Modernisierungsverlierer seien leider nicht „aufgeklärt“, nicht „rational“ genug, um die „Bereicherung“ durch multikulturelles Miteinander zu erkennen und vertrauten daher jenen, die „einfache Lösungen“ des Problems versprächen. Das falle besonders bei den jüngsten Entwicklungen in Ungarn auf, das sich nach dem „fulminanten“ Wahlsieg Viktor Orbans im April 2010 als „Trendsetter des Rechtspopulismus“ profiliere. Mit Orbans Triumph, so glaubt der Frankfurter Politologe Jens Becker (Gesellschaft-Wirtschaft-Politik, 3/2010), belebe sich in Ungarn die „dunkle faschistoide Horthy-Ära“. Teile der politischen Klasse appellierten an „vorrationale Einstellungen und Vorurteile“. Entstanden sei daraus eine „Kultur des Ressentiments“, die sich gegen „Juden, Zigeuner und Kommunsiten“ richte. Aber, so hofft Becker, die Kehrtwende zeichne sich ab. Das von der Finanzkrise hart getroffene Land hänge am Tropf von Währungsfonds und Weltbank. Die könnten Orban und seinen „unaufgeklärten“ Anhang genauso disziplinieren wie die restliche Europäische Union, deren Ratsvorsitz Ungarn in Bälde übernehme – was den Premier vielleicht zur „Realpolitik“ jenseits des „Ressentiments“ bekehre. www.gwp-pb.de

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