© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Die DVU räumt das Feld
Parteien: Die NPD hat auf ihrem Bundesparteitag die Weichen für eine Verschmelzung mit der ehemaligen Partei von Gerhard Frey gestellt
Felix Krautkrämer

Eigentlich hätte es keinen Beweis mehr dafür gebraucht, wer bei dem Verschmelzungsprozeß von NPD und DVU (JF 24/10) der Koch und wer der Kellner ist. Doch als DVU-Chef Matthias Faust am Sonnabend auf dem Parteitag der NPD in Hohenmölsen in Sachsen-Anhalt ans Mikrofon tritt, besteht in dieser Frage kein Zweifel mehr. Fast schon demütig entschuldigt er sich dafür, daß seine Partei bei der vergangenen Bundestagswahl gegen die NPD angetreten ist. Es tue ihm leid, gibt sich der DVU-Chef reumütig. Daß es jedoch die NPD war, die den „Deutschlandpakt“ brach und nach einer Kampfansage gegen die DVU bei der Landtagswahl in Brandenburg antrat, scheint für Faust keine Rolle mehr zu spielen. Auch für den Vorsitzenden der NPD ist der damalige Zwist offenbar zu den Akten gelegt.

Überhaupt sind auf dem Parteitag alle Beteiligten tunlichst um Harmonie bemüht, um das Projekt der Vereinigung nicht noch zu gefährden. Vor allem die NPD hat ein großes Interesse an dem Zusammenschluß, schließlich ist sie dabei der große Gewinner. Nachdem der Gründer und frühere Vorsitzende der DVU, der Münchner Verleger Gerhard Frey, seiner Partei Verbindlichkeiten in Höhe von über einer Million Euro erlassen hat, steht diese nahezu schuldenfrei da. Zudem hat die DVU laut Faust verschiedene Erbschaften im Wert von mehreren hunderttausend Euro erhalten. Dieses Geld würde im Falle der Verschmelzung der NPD zugute kommen. Ebenso wie die Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung, die der DVU noch aus den Wahlkämpfen in Brandenburg und Bremen zustehen.

Außerdem wird die NPD aller Voraussicht nach im März bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ohne Konkurrenz aus dem eigenen Lager antreten. Ein Einzug in den Landtag von Magdeburg ist nicht ausgeschlossen. Laut Tagesspiegel lag die Partei in einer Emnid-Umfrage im August bei vier Prozent. Und nicht vergessen sind die 12,9 Prozent, die die DVU bei der Wahl 1998 hier holte (JF 19/98). So verwundert es nicht, daß die Delegierten der NPD sich mit über 90 Prozent für ein Zusammengehen mit der DVU aussprechen. Gleichzeitig wird Faust zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der NPD gewählt. Der Posten mußte nach dem Tod des Hamburger Rechtsanwalts Jürgen Rieger neu besetzt werden.

Als nächstes muß nun ein DVU-Parteitag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Verschmelzung zustimmen. Dies soll noch im November geschehen. Danach werden die Mitglieder beider Parteien bis Mitte Dezember in einer Urabstimmung über die Vereinigung entscheiden. Am 1. Januar 2011 soll die Verschmelzung in Kraft treten. Als Name ist „Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) – Die Volksunion“ vorgesehen.

Daß auch die Mehrheit der DVU-Mitglieder und -Delegierten sich für den Zusammenschluß aussprechen werden, gilt als wahrscheinlich. Wie viele der zumindest noch auf dem Papier existierenden 4.000 DVU-Mitglieder ihr Parteibuch aber gegen eines der NPD umtauschen, ist ungewiß. Bei der NPD rechnet man mit höchstens 800 bis 1.000 Neuzugängen.

Dies mag zum einen daran liegen, daß es sich anscheinend bei einem nicht unerheblichen Teil der DVU-Mitglieder um sogenannte beitragsfreie „Ehrenmitglieder“ handelt. Manch einem DVUler dürfte die NPD aber auch ganz einfach zu radikal sein. Daß solche Bedenken nicht ganz unbegründet sind, bewies am Sonnabend einmal mehr der Vorsitzende der NPD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, der in seiner Rede die Abgeordneten des Bundestages in einem Rundumschlag als „Demokröten in der Knesset an der Spree“ beschimpfte. 

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