© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Wenn das Geldsystem kollabiert, zählen nur Sachwerte
Finanzpolitik: Das Staatsgeldmonopol als Unheilbringer und wohin es letztlich führt / Ein Plädoyer für freies Marktgeld
Klaus Peter Krause

Beliebig vermehrbares Geld durch ein Staatsmonopol ist schlechtes Geld, nur knappes und frei entstehendes Geld kann gutes Geld sein. Das ist die Botschaft des Buches „Geldreform – Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld “ von Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei Barclays Capital in Deutschland, und des Wirtschaftspublizisten Michael von Prollius. Die beiden Autoren wollen das Staatsgeld abgelöst sehen durch ein „freies Marktgeld“, eine Idee, die schon von Ludwig von Mises und dem Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek vertreten wurde. Es entstehe aus dem freien Angebot von und der freien Nachfrage nach Geld – ohne Zutun und Manipulation des Staates oder irgendwelcher Interessengruppen.

Aber ehe sie gegen Ende des Buches die Grundlagen einer solchen Geldreform entwickeln, machen sie den Leser zum besseren Verständnis für ihr Reformverlangen damit vertraut, was Geld ist, warum und wie es entstanden ist, was freies Marktgeld und Free Banking bedeuten, warum das Geld verstaatlicht ist, wie der Staat Geld produziert, was man über Zentralbanken wissen sollte und warum Staatsgeld Krisen verursacht.

Den Anstoß für das Buch hat die länderübergreifende Finanz- und Verschuldungskrise von Banken und Staaten gegeben. Denn die Hauptursache für die Krise und die Hauptverfehlung der für sie verantwortlichen Akteure liegen in der global viel zu großen Menge an Geld, teils in der Form von bedrucktem Papier, teils und vor allem aber in der Form von Buch- oder Giralgeld, bereitgestellt als Kredite, denn mit jedem bereitgestellten Kredit wird Geld in die Welt gesetzt. Und weil sich Kredite superleicht mit wenigen Tastendrücken vergeben lassen, ermöglichen sie eine Geldschöpfung, die prinzipiell unbegrenzt ist.

Das Märchen vom Goldesel scheint Wirklichkeit geworden, denn die Goldesel unserer realen Welt von heute sind die Zentralbanken mit ihrem Kreditvergabe- und Geldschöpfungsmonopol. Nur kommt bei diesen Eseln hinten kein kostbares Gold heraus, sondern nur mit Zahlen bedrucktes Papier (Banknoten) oder elektronisch übermittelte Kreditbeträge (Buchgeld).

Falsche Diagnose der Krisenursachen

Wertvoll ist dieses Geld nur, solange die Menschen an seinen Wert glauben. Da es beliebig vermehrbar ist und im Verhältnis zur nicht beliebig vermehrbaren Menge an Sachgütern in unverantwortlicher Weise vermehrt worden ist, wird es seinen Wert mehr und mehr verlieren und die Menschen ihren Glauben. Ist der Glaube hin, bricht das Geldsystem zusammen. Dann zählen nur Sachwerte. Wer sie nicht hat, ist arm dran, wer die richtigen hat, ist fein raus.

Damit es zu einem Kollaps des Geld- und Finanzsystems nicht (mehr) kommt, plädieren die beiden Autoren für eine umfassende Geldreform. Ihr Ausgangspunkt ist, daß sie das staatlich beherrschte Kredit- und Geldsystem als „unheilbringend“ ablehnen. „Das Staatsgeldsystem ist ein Fremd- und Störfaktor im Gefüge freier Märkte und verursacht zwangsläufig Finanz- und Wirtschaftskrisen,“ schreiben sie in der Einleitung.

Die damit verbundenen Mißstände (Rezession, Arbeitslosigkeit) würden aber regelmäßig dem freien Marktsystem angelastet, obwohl es doch das Staatsgeldsystem sei, das die Krisen bewirke. Die falsche Diagnose der Krisenursache befördere falsche Maßnahmen: Um den vom Staatsgeldsystem verursachten Übeln zu entkommen, würden die Zentralbanken die Geldmenge ausweiten und für vorübergehende Scheinverbesserungen sorgen. Die aber führten nachfolgend zu um so schwereren Finanz- und Wirtschaftskrisen.

Die weiteren Folgen sind: „Dem Versuch, das Staatsgeldsystem aufrechtzuerhalten, fallen immer mehr bürgerliche und unternehmerische Freiheiten zum Opfer. Die Gesellschaften verfangen sich im Gestrüpp des Interventionismus. Der Weg mündet in eine sozialistische Staats- und Befehlswirtschaft, die Unfreiheit, Gewalt und Elend bringt, und durch die das Geld letztlich zerstört wird.“ Alle Staaten hätten sich dem Staatsgeldsystem verschrieben, in dem Geld durch Bankkredite sprichwörtlich aus dem Nichts produziert werde. Dieses System schüre Fehlinvestitionen und (Staats-)Überschuldung und damit politische Anreize, das Geld durch Hyperinflation zu entwerten.

Wie nebenbei lernt der Leser, daß stabile Preise nicht bedeuten, daß auch der Geldwert stabil ist. Daher sei das Versprechen der Zentralbanken, das Geld stabil zu halten, nicht erfüllbar. Es erweise sich „als Einfallstor für immer weiter um sich greifende Interventionen des Staates in das Wirtschaftsleben, die für immer mehr Störungen sorgen“. So vorbereitet wird dem Leser dann der Weg der „Rückkehr zu gutem Geld“ gewiesen, nämlich das Geld zu entstaatlichen, also zu privatisieren, was die meisten Menschen, weil ungewohnt, geradezu erschrecken wird. Denn es geht darum, daß „die Marktakteure das nach ihrer Ansicht beste Geld frei wählen können“.

Doch sollte man diese Menschen daran erinnern, daß es freies Marktgeld früher längst schon gegeben hat. Ebenso, daß schlechtes staatliches Monopolgeld im Wettbewerb mit besserem anderem Geld den kürzeren zieht. Beispiel dafür sind die Entwicklungsländer, wo man mit Dollar bezahlen muß, was man gegen die heimische Währung nicht bekommt, oder die einstige DDR, in der die D-Mark die beherrschende halblegale Nebenwährung zur Mark der DDR gewesen ist. Traut eine Bevölkerung der offiziellen nationalen Währung nicht mehr über den Weg, hält anderes Geld, dem sie mehr vertraut, Einzug in das Land, und an den Märkten dort bestehen dann mindestens zwei Währungen nebeneinander. Aber auch wenn eine Entstaatlichung des Geldes derzeit politisch nicht durchsetzbar erscheint, ist es um so wichtiger, die Menschen mit dieser Möglichkeit wenigstens bekannt und allmählich vertraut zu machen.

Foto: Esel mit Münzen: Traut eine Bevölkerung der offiziellen nationalen Währung nicht mehr über den Weg, hält anderes Geld, dem sie mehr vertraut, Einzug in das Land

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