© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Ab 2013 wird Pudding gerecht verteilt
GEZ-Reform: Zur „Grundversorgung“ gehört doch auch ein Nachtisch – ein satirischer Beitrag
Bernd Thomas Ramb

Nun ist die letzte rechtliche Hürde beseitigt. Ab dem 1. Januar 2013 erhält jeder deutsche Haushalt jeden Tag eine einheitlich große Lieferung Schokoladenpudding vor die Haustür gestellt. Damit der Schokokonsum keine Unterbrechung durch den Aufenthalt am Arbeitsplatz erfahren muß, erhält auch jede Betriebsstätte ihre Empfangsmenge. Produziert und vertrieben wird die Massenspeisung durch eine einzige Firma, die unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Das heißt jedoch nicht, daß der Staat die Produktion und den Vertrieb kontrolliert oder gar in Qualität und Menge vorschreibt, er stellt nur sicher, daß jeder Haushalt und jeder Betrieb auch pünktlich und vollständig seine Zahlungen für die Schokoladenpuddinglieferungen entrichtet.

Nun mag es Personen geben, die keinen Schokoladenpudding mögen, vielleicht sogar noch nicht einmal vertragen. Anderen ist die Liefermenge zu hoch oder die Qualität nicht recht. Das stört aber den Schokoladenpuddinglieferanten nicht weiter. Nicht von der Haus- oder Betriebstür weggenommener Schokoladenpudding wird am nächsten Tag vom Lieferanten abgeholt und die neue Tagesration hingestellt. Was mit dem Schokoladenpudding passiert, der ins Haus geholt wird, ist für den Produzenten ebenfalls weitgehend uninteressant. Ob mit Appetit verzehrt oder in der Toilette entsorgt, wen kümmert es – außer den Konsumenten? Für eventuelle Beschwerden existiert zwar eine Ansprechstelle, große Auswirkungen sind jedoch kaum zu erwarten.

Nicht jeder ist mit der Qualität einverstanden

Allenfalls die Werbepartner des Produzenten könnten sich über die Quali-tätsbeschwerden aufregen. Auf jedem Schokoladenpuddingbecher kleben nämlich zahlreiche Werbeaufkleber:  Von der Autofirma bis zum Kindernahrungshersteller, vom Duschmittelproduzenten bis zur Versicherungsagentur. Die Werbekunden könnten pikiert sein, wenn ihr Werbeträger in einen schlechten Ruf gerät. Möglicherweise reicht ihnen aber auch die Gewißheit, daß die vielen Empfänger auf jeden Fall einen Blick auf die Schokoladenpuddingbecher werfen müssen, ob beim Verzehr oder beim Wurf in den Mülleimer. Der Werbespruch wird wahrgenommen.

Aber selbst wenn die Werbekunden die Werbeverträge kündigen, den staatlich geschützten Schokoladenpuddingversorger  kann das wenig stören. Schließlich erhält er ja seine Haupteinnahmen aus den regelmäßigen Zahlungen der Schokoladenpuddingempfänger. Diese müssen nicht nur die Belieferung in der vorgeschriebenen Menge und Qualität akzeptieren, sondern auch den dafür vom Schokoladenpuddinglieferanten festgelegten Preis bezahlen. Das ist mehr als monopolistisch.

Warum zwingt nun der deutsche Staat seine Bürger zu so einem unerwünschten Schokoladenpuddingkonsum? Zumal andere Produzenten existieren und ihren Schokoladenpudding zum freiwilligen Kauf anbieten. Die Antwort lautet: Der Staat will seine Bürger zu etwas Gutem zwingen, das diese offensichtlich nicht selbst erkennen können.

Der staatliche Schokoladenpudding ist – so die Auffassung des Staates – gesünder, wohlbekömmlich und zudem kostengünstiger als alle anderen Schokoladenpuddings; selbst wenn ein Großteil der Bürger dies anders beurteilt. Die Preis- und Mengengestaltung sieht der Staat am besten beim staatlich geschützten Schokoladenpuddinghersteller direkt aufgehoben.

Verwaltungsgebühren sinken nicht

Der setzt – selbst auch einmal entgegen den Vorstellungen der Staatsvertreter – aufgrund seiner Bedarfs- und Kostenkalkulation den von allen Haushalten und Betrieben zu zahlenden Preis und die zu konsumierende Menge seines Schokoladenpuddings fest – und alle müssen folgen.

Um jetzt möglicherweise eintreten-den Herzinfarkten bei empörten Lesern vorzubeugen: Alles nur Fiktion. Am 1. Januar 2013 wird kein allgemeiner Schokoladenpuddingkonsum erzwungen. Wird jedoch das Wort Schokoladenpudding durch den Begriff „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ ersetzt, dann stimmt wieder alles. Aufgrund einer Anregung des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Paul Kirchhof wird die bei der Bevölkerung weithin verhaßte Gebühreneinzugszentrale (GEZ) von einer Fernsehempfängerausschnüffelbehörde in eine Haushalts- und Betriebsstättenerfassungsbehörde umgewandelt, die eine neue Rundfunk-Kopfpauschale eintreibt.

Die hohen Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten (über sieben Milliarden Euro), weltweit die höchsten aller staatlich reglementierten Medienanstalten, sinken dadurch nicht. Im Gegenteil: Verringerter Verwaltungsaufwand und umfassendere Registrierung sämtlicher Zahler füllen die Töpfe von ARD und ZDF weiter an.

Mit der verfassungsmäßig abgesicherten „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ ist zudem dafür gesorgt, daß weitere Aufgaben und damit höhere Kosten problemlos realisiert werden können. Dagegen hilft nur noch eine parlamentarische Änderung der bestehenden Verfassung. Hätten die Väter und Mütter des Grundgesetzes die heute eingetretenen Wildwucherungen auch nur ansatzweise erahnen können, sie hätten schon damals einen entsprechenden Riegel vorgeschoben.

 

GEZ-Reform 2013

Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll am 15. Dezember grundlegend reformiert werden. Alle deutschen Länderparlamente müssen dem Vorhaben zustimmen. Geplant ist eine Abgabe, die ab 2013 jeder Haushalt zu leisten haben wird. Die JUNGE FREIHEIT wird den Beratungsprozeß kritisch begleiten.

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