© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/10 19. November 2010

Schwarz-Gelb bleibt der Streit um PID erhalten
Lebensschutz: Trotz der Forderung des CDU-Parteitages nach einem Verbot von Gentests bei Embryonen beharrt die FDP auf einer Freigabe
Ekkehard Schultz

Welches Konfliktpotentital die Auseinandersetzung um die Präimplantationsdiagnostik (PID) birgt, hat am Dienstag der CDU-Parteitag gezeigt (siehe auch Seite 5). Nach einer leidenschaftlichen Debatte stimmte eine knappe Mehrheit (51,06 Prozent) der Delegierten der Partei mit dem C für ein Verbot von Gentests an Embryonen und folgte damit Pateichefin Angela Merkel.

Die hauchdünne Zustimmung dürfte die Verhandlungsposition der Union mit dem Koalitionspartner FDP nicht gestärkt haben. Die Liberalen fordern, die Präimplantationsdiagnostik (PID) grundsätzlich zu erlauben. Eine Position, die auch bei führenden CDU-Mitgliedern wie Familienministerin Kristina Köhler und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen weitgehend auf Zustimmung stößt. Sie wollen die PID erlauben, wenn eine schwere erbliche Vorbelastung der betroffenen Eltern vorliegt und diese eine Untersuchung des Embryos wünschen. Dabei argumentieren die Befürworter vor allem mit „dem Schutz der Mutter vor schwerwiegenden Schwangerschaftskonflikten“. Maßstab sind für sie die vom Bundesgerichtshof (BGH) gezogenen Grenzen.

Das Gericht hatte im Juni entschieden, daß die Präimplantationsdiagnostik von den bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht ausreichend erfaßt wird. Eine Untersuchung von Embryonen auf Erbkrankheiten außerhalb des Mutterleibs ist danach nicht, wie zuvor häufig angenommen, grundsätzlich verboten. Um so stärker ist seither der Wille der PID-Kritiker, wieder für klare gesetzliche Verhältnisse zu sorgen und die Präimplantationsdiagnostik grundsätzlich zu verbieten.

Bundeskanzlerin Merkel hatte mit dem Argument für ein PID-Verbot geworben, daß bereits durch die künstliche Befruchtung Leben entstanden sei, welches den vollen Anspruch auf die Grundrechte hat und dessen Würde geschützt werden müsse. Daneben teilt Merkel die Kritik der Kirchen, daß sich der Mensch bei einer gezielten Auswahl nur gesunder Embryonen zum Herrn über das Leben mache. Zudem wird befürchtet, daß durch die PID nach und nach dem „Baby nach Maß“ Tür und Tor geöffnet werde.

 Von Fachärzten wird dagegen vor einem gesetzlichen Verbot der Diagnose gewarnt. Bei der PID handele es sich „um einen medizinischen Fortschritt, der Betroffenen nicht vorenthalten werden“ dürfe, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Dabei müsse die „Vermeidung von menschlichem Leid“ im Vordergrund stehen. Auch die Bundesärztekammer spricht sich in ihrem Richtlinienentwurf für die PID aus.

Nach der Entscheidung des CDU-Parteitages eröffnete Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) umgehend eine neu Auseinandersetzung mit dem Regierungspartner. Wer von vornherein ein Verbot fordere, gefährde den Weg für die notwendige gesellschaftliche Diskussion, sagte sie und forderte „eine Debatte ohne Denkverbote“, um die Voraussetzungen für eine Zulassung der PID festzulegen.

PID: Wenn der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, versucht jedes dritte betroffene Paar in Deutschland, mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung doch noch Nachwuchs zu bekommen. Dabei können mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik (PID)  Embryonen sowohl auf vergleichsweise harmlose Gendefekte wie Farbenblindheit, aber auch gravierende wie Bluterkrankheit oder corea Huntington überprüft werden. Auf Wunsch des Paares werden der Frau dann wieder lediglich die nachweislich gesunden Embryonen, nicht aber die mit Risiken behafteten implantiert

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