© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Ewald Stadler. Der BZÖ-Politiker sorgt mit einer Parlamentsrede für Aufsehen
Stimme des Volkes
Josef Hämmerling

Worte sind auch Schwerter. Selten trifft diese Weisheit in der heutigen Politik mehr zu als auf die Parlamentsrede Ewald Stadlers. Jüngst gab der Nationalratsabgeordnete und nieder-
österreichische Landesparteivorsitzende der Ex-Haider-Abspaltung Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) im Plenum eine Antwort an den türkischen Botschafter in der Alpenrepublik, Kadri Ecvet Tezcan, der zuvor dem Gastland in einem Interview Rassismus vorgehalten und ein Beibehalten der türkischen Identität auch in Österreich gefordert hatte.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten wirft Stadler, der auch Europa- und Justizsprecher des BZÖ ist, Tezcan vor, die Wahrheit zu verdrehen. Während türkische Auswanderer in Österreich alle Chancen hätten, würden die Christen in der Türkei verfolgt, ohne daß die türkische Regierung eingreife. Stadler verwies auf mehrere Morde an christlichen Geistlichen in der Türkei, etwa Erzbischof Luigi Padovese, dem im Juni in Iskenderun gar der Kopf abgeschnitten wurde, ohne daß es einen Aufschrei in der Türkei – und auch nicht bei der politischen Linken Österreichs – gegeben habe. „Ich möchte mir das Gezeter gar nicht vorstellen, wenn einem muslimischen Imam oder sonst einem Würdenträger auch nur ein Haar gekrümmt würde“, rief Stadler aus. Zudem habe die Türkei ihre „Analphabeten und Steinzeitislamisten“ nach Österreich geschickt. Diese seien nicht an Integration interessiert, sondern daran, den Sozialstaat auszunutzen und den Islamismus in den Westen zu exportieren.

Stadler forderte ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger im Beisein von Mitarbeitern der türkischen Botschaft auf, Tezcan zur persona non grata zu erklären. Und an Tezcan gewandt erklärte er: „Steigen Sie in den Orientexpreß und zurück nach Istanbul!“ Stadler wies zudem darauf hin, daß Aussagen wie die des Botschafters in dessen Heimat mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren bedroht seien – wenn jemand so über die Türkei spreche.

Nur wenige Tage nach der Rede Stadlers stellt das BZÖ nun ein „Ultimatum“ an Spindel-egger. Dieser habe „zehn Tage Zeit, um zu reagieren“. Tue er das nicht, werde man eine Unterschriftensammlung beginnen, mit dem Ziel, Tezcans Abberufung zu erwirken.

Der 1961 in Vorarlberg geborene Stadler begann seine politische Karriere in der FPÖ, für sie saß er im Bundesparteivorstand und bis 1999 im Nationalrat. Ab 2001 war der Jurist dann Volksanwalt. Doch mußte er dieses Amt nach seinem erneuten Einzug in den Nationalrat 2006 abgeben. Nach Differenzen verließ er 2007 die Partei, behielt aber sein Mandat. Kurz danach trat er, obwohl bei dessen Abspaltung zu den Haider-Kritikern gehörend, dem BZÖ bei. Auf Klartext-Reden wie die von Ewald Stadler, die man sich bei Youtube ansehen kann, wo sie bereits über 60.000 mal angeklickt worden ist, wartet man im Deutschen Bundestag dagegen vergeblich.

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