© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Eidgenossen stellen sich quer
Schweiz: Die SVP setzt sich mit ihrer  Ausschaffungsinitiative durch
Frank Liebermann

Alle Anzeichen deuteten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Letztlich war das Ergebnis dann aber doch eindeutig und die Schweizerische Volkspartei (SVP) stand als strahlender Sieger da. Am Sonntag stimmten die Schweizer per Volksabstimmung über die Ausschaffung (Abschiebung) von kriminellen Ausländern ab. Bei schweren Delikten sollen sie zukünftig automatisch in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Die Mehrheit der Stimmbürger (52,9 Prozent) und die Mehrheit der Kantone – diese ist für Verfassungsänderung notwendig – wurde problemlos erreicht. Damit hat es die Schweiz ein Jahr nach dem Minarettverbot erneut in die internationale Presse geschafft, die das Projekt einhellig verdammt („Mißtrauen vor Recht“, Badische Zeitung).

Die Ausländerkriminalität wird in der Schweiz genau erfaßt. Nach Quellen der SVP, die allein für die Initiative kämpfte, ist jeder zweite verurteilte Straftäter in der Schweiz Ausländer. Dies gilt vor allem für schwere Straftaten. Bei Tötungsdelikten ist der Anteil von verurteilten Ausländern 59 Prozent, bei Vergewaltigungen 69 Prozent und bei schweren Körperverletzungen 54 Prozent. Bei jugendlichen Straftätern liegt die Quote noch deutlich höher. Hinzu kommt ein massiver Mißbrauch des Sozialsystems. Ähnlich wie in Deutschland haben Ausländer in der Schweiz nach kürzester Zeit Anspruch auf alle Sozialleistungen. Obwohl nur 22 Prozent der Bevölkerung Ausländer sind, beziehen diese über 44 Prozent der gesamten Sozialleistungen.

Theoretisch bestand bis dato auch in der Schweiz die Möglichkeit zur Ausschaffung von Kriminellen. Allerdings gelang es findigen Anwälten im größten Teil der Fälle, dies zu verhindern. Mit der Annahme der Ausschaffungsinitiative sind diese Möglichkeiten zu Ende. Ein Automatismus wird ab einer gewissen Strafe bei genau definierten Verbrechen eintreten.

Ähnlich wie bei der Minarettinitiative zeigte sich nicht nur die Spaltung zwischen Links und Rechts in der Bevölkerung, sondern auch zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung. Nur wenige Presseorgane wie die Weltwoche äußerten offene Sympathie. Der Großteil der Presse bekämpfte die Initiative massiv und schürte die Angst vor der Ächtung durch das Ausland oder die EU. Genützt hat es den Gegnern nicht. Im Gegenteil. Das Ergebnis ist vernichtend für Liberale und Linke. Beleidigt sprechen sie nach der Niederlage von einer „Angstkampagne“ oder dem „Ende der Integration“.

Die SVP-Nationalräte Ulrich Schlüer und Adrian Amstutz, die auch schon beim Minarettverbot federführend aktiv waren, äußerten derweil, daß die Latte bei Ausschaffungen tief angesetzt werden müsse. Amstutz glaubt fest an die präventive Wirkung von Gesetzen. Außerdem sei die Initiative auch bei relativ geringen Delikten dem Volkswillen entsprechend umzusetzen.

Für die Regierung beginnt nun die Arbeit. Das Parlament muß das Gesetz ausarbeiten und die Details definieren. Vertreter der Linken haben trotz des demokratischen Entscheids Widerstand signalisiert. Nach deren Ansicht gibt es  Konflikte mit der EU und der Menschenrechtskonvention. Beinahe zeitgleich kam es in Bern und Zürich zu Ausschreitungen. Hauptziel – die Parteibüros der SVP.

Foto: SVP-Nationalräte Adrian Amstutz, Ulrich Schlüer, Luzi Stamm (v.l.) verfolgen die Hochrechnung: Im Fokus der skeptischen Medien

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