© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Frisch gepresst

Schmitt und Smend. Korrespondenzen kluger Köpfe müssen keine intellektuellen Leckerbissen sein. Jüngste Editionen, etwa aus Nachlässen Ernst Jüngers oder Martin Heideggers, zeugen davon, daß in jedem Meisterdenker auch ein Briefmuffel stecken kann. Zur weiteren Bestätigung dieses ernüchternden Befundes legt Reinhard Mehring jetzt einen Brief- und Postkartenwechsel zweier Staatsrechtslehrer vor, die im 20. Jahrhundert zur ersten Garnitur ihrer Disziplin zählten: Carl Schmitt (1888–1985) und Rudolf Smend (1882–1975). Beider Wege trennten sich 1933, weil der protestantische Hypermoralist Smend dem katholischen Apokalyptiker Schmitt den „Sündenfall“ seiner  NS-Parteigängerschaft verübelte. Das Gros der Zeugnisse stammt daher aus der Zeit zwischen 1921 und 1933, danach, bis 1961, werden eher Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht. Aber auch die sechzig minimalistisch erläuterten Dokumente der Weimarer Jahre belassen die „Beziehungsgeschichte“ der beiden nicht sonderlich mitteilsamen Herren Professoren eher im Nebulösen. Ein Aufsatz vielleicht, Schmitts „Verfassungslehre“ und Smends „Verfassung und Verfassungsrecht“ (beide 1928) vergleichend, dazu das Rezensionsecho und den Briefwechsel beiziehend, der hätte wohl erhellender und kurzweiliger gewirkt. (wm)

Reinhard Mehring (Hrsg.): „Auf der gefahrenvollen Straße des öffentlichen Rechts“. Briefwechsel Carl Schmitt – Rudolf Smend 1921–1961. Duncker & Humblot, Berlin 2010, brosch., 208 Seiten, Abbildungen, 28 Euro

 

Kaspar Hauser. Als der ungewöhnliche junge Mann am 26. Mai 1828 aus heiterem Himmel in Nürnberg auftauchte, auf die meisten Fragen nur „des woiß ih nit“ stammelnd, begann eine der schillerndsten Mediengeschichten der Biedermeierzeit. Eine faszinierende Persönlichkeit, geheimnisvolle Hintergründe und sogar Spekulationen um eine eventuell erbberechtigte großherzogliche Herkunft aus Baden – das Rezept für eine „Story“ war perfekt – allerspätestens mit dem Mord an dem „rätselhaften Jüngling“ fünf Jahre später durch unbekannte Hand. Die Historikerin Anna Schiener erzählt die bis heute ungeklärte Kriminalgeschichte um Kaspar Hauser anhand der zeitgenössischen Dokumente aus Gerichten, der Polizei spannend nach und widerlegt allerlei Spekulationen aus der Rezeptionsgeschichte dieses Falles. (bä)

Anna Schiener: Der Fall Kaspar Hauser. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2010, gebunden, 232 Seiten, Abbildungen, 22 Euro

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