© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Umwelt
Putin treffsicher
Volker Kempf

Für immer mehr große Wildtiere ist immer weniger Platz auf Erden. Der Tiger könnte seit Jahrzehnten das erste Großwildtier sein, das nicht nur bedroht ist, sondern tatsächlich aus der Welt verschwindet. Es träfe das „Staatstier“ von Indien, Nepal, Bangladesch, Malaysia und Korea. Es träfe auch das Symboltier für den westlichen Lebensstil, da mit dem Tiger sowohl Autos, Bier als auch Benzin beworben werden. Ein Tier, das die Menschen derart bewegt, erregt viel Aufmerksamkeit. Also wurde letzte Woche in St. Petersburg eine Konferenz für den Tiger abgehalten, an der auch der chinesische Premier Wen Jiabao teilnahm. Im Rampenlicht der Konferenz stand aber Gastgeber Wladimir Putin, der sich als aktiver Tigerschützer profilierte. Als treffsicherer Schütze verpaßte Putin vor laufender Kamera Tigern eine Betäubungsspritze, damit man ihnen einen Sender zur Beobachtung aufpflanzen konnte.

„Für einzelne Populationen der in Fernost lebenden Tiger kommt jede Hilfe zu spät.“

Die Zahl der wildlebenden Tiger sank in 100 Jahren von 100.000 auf 3.000, soll sich bis 2022 aber auf 6.000 verdoppeln. So lautet das Ziel, auf das sich die Teilnehmerstaaten einigten. Um es zu erreichen seien etwa 350 Millionen Dollar nötig, gibt die Weltbank an. Für 172 Millionen gab es auf der Konferenz bereits feste Zusagen. Die Bundesregierung ist mit zwölf Millionen Euro beteiligt. Für einzelne Populationen der in Fernost über eine Vielzahl getrennter Gebiete verstreut lebenden Tiger kommt allerdings jede Hilfe zu spät, befürchtet der Umweltverband WWF. Die zentralen Schutzgebiete liegen in der Grenzregion von China und Rußland. Entscheidend wird sein, die Wälder zu schützen, in denen das Wild lebt, das dem Tiger als Nahrung dient. Es gibt leider viele Wälder, die vom Menschen weltweit dezimiert werden und zahlreiche Arten die in Existenznot sind, ohne daß das eine Konferenz auf den Plan brächte. Von daher hat der Tiger noch Glück im Unglück.

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