© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Haltungsnote
Ein Stadtneurotiker und seine Olympia
Tilmann Wiesner

Woody Allens Weltruhm verdankt sich deutscher Wertarbeit. Das wurde jüngst bei „Gottschalk“ auf Tele 5 bekannt: „Ich habe eine tragbare deutsche Schreibmaschine, eine Olympia, die ich mit 16 gekauft habe. Alles, was ich jemals geschrieben habe, jeden Film, jedes Theaterstück, jede Geschichte, habe ich mit dieser Schreibmaschine geschrieben.“ Allens Besitzerstolz speist sich aus der Robustheit seiner Olympia: „Ich benutze sie bis heute. Sie sieht immer noch aus wie neu und funktioniert perfekt.“

Geboren als Allen Stewart Konigsberg hatte der Enkel deutsch-jüdischer Emigranten an der Schule keine Fähigkeiten außer dem Karten- und Klarinettenspiel erworben. Die Bildung des mittlerweile 75jährigen stammte aus Comics, Hörfunksendungen und Marx-Brothers-Filmen. Später mußte sich Allen den Intellektuellengestus mühsam aneignen, um damit gebildete Frauen zu beeindrucken. Von der New Yorker Universität nahm er nur eines mit – den Rat, einen Psychoanalytiker aufzusuchen. Diesen Rat befolgte er auf seine eigene Weise. Nachdem er sich als Gag­lieferant und Bühnenautor durchgeschlagen hatte, versuchte Allen sich Anfang der 1960er Jahre im damals neuen Fach als „Stand-up-Comedian“ – und erlitt Schiffbruch. Dennoch konnte er seine tolpatschige Art zum Markenzeichen mehrerer Kultfilme machen. Für den „Stadtneurotiker“ erhielt er 1978 gleich zwei „Oscars“ – als Drehbuchautor und Regisseur. 1986 kam ein weiterer für „Hannah und ihre Schwestern“ hinzu.

 Im Interview gestand Woody Allen auch, daß ihm Deutschland gefalle und er sich vorstellen könne, einige Monate in deutschen Großstädten wie München oder Berlin zu leben. Allen: „Hamburg ist wunderschön und Stuttgart auch sehr hübsch. Da könnte ich es aushalten.“ Nicht ausgeschlossen, daß er einmal in Deutschland dreht.

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