© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Meldungen

Banken-Insolvenz statt Euro-Rettungsschirm

BERLIN. Der Ökonom Henrik Enderlein hält den Euro für gefährdet wie nie. „Wir müssen feststellen, daß der Rettungsschirm die Märkte nicht überzeugt hat. Außerdem ist die Situation in Portugal, Irland und Spanien viel schlechter als gedacht“, erklärte der Professor für politische Ökonomie an der Hertie School of Governance in einem Spiegel-Gespräch. Europa müsse daher sein massives Bankenproblem lösen. „Wenn Irland seine Geldhäuser nicht retten müßte, dann wäre das Schuldenproblem überschaubar. Das Land ist eigentlich kein Bankrottkandidat. Aber der Bankensektor ist seit der Euro-Einführung um das siebenfache gewachsen“, erläuterte Enderlein. Auch in Spanien sei der Finanzsektor völlig überdimensioniert. „Die EU muß marode Institute in die geordnete Insolvenz führen, also pleite gehen lassen.“ Die Pleite von irischen Banken würde zwar auch deutsche Institute treffen, „aber wir haben im Moment nur noch saure Äpfel vor uns. In einen müssen wir beißen“, meinte Enderlein. Eine Umschuldung bei den Banken sei längst überfällig: „Wenn wir weiterwurschteln, stellt sich spätestens im Frühjahr die Existenzfrage der Währungsunion.“ (fis)

 

Euro: Bald Verhältnisse wie in Lateinamerika?

Cambridge. Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff rchnet mit einer Teilabschreibung von Staatsschulden in der Euro-Zone. „Läßt man die europäischen Schuldenprobleme vor sich hin schwelen und wachsen, indem man sie durch dubiose Spielchen unter den Teppich kehrt, verschlimmert man die Probleme nur noch“, schrieb der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds im Wiener Standard. Das jüngste irische Rettungspaket habe ein Privatschulden- in ein Staatsschuldenproblem verwandelt: „Privaten Inhabern von Wertpapieren, Einzelanlegern und Fonds, die den Banken Geld geliehen haben, wird erlaubt, ihr Geld en masse herauszuziehen und durch Staatsschulden ersetzen zu lassen.“ Damit folge Europa dem Verlauf der lateinamerikanischen Schuldenkrise in den achtziger Jahren: „Auch dort ‘bürgten‘ die Regierungen weithin für die Schulden des Privatsektors und konnten sie dann nicht zahlen.“ (fis)

 

Zahl der Woche

Auf 69,9 Milliarden Euro stieg 2009 die Nettokreditaufnahme des Bundes. 34,1 Milliarden Euro flossen in den Bundeshaushalt, 28,3 Milliarden in den Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) und 7,5 Milliarden in den Investitions- und Tilgungsfonds (ITF). (Quelle: Bundesrechnungshof)

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