© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Blick in die Medien
ARD-Saubermänner mit „Heiligenschein“
Ronald Gläser

Die ARD hat vor einer Woche zu einer Pressekonferenz zum Abgang von Peter Boudgoust als ARD-Vorsitzender eingeladen. Leider wurde dem Senderverbund just an diesem Tag von RTL die Show gestohlen, weil bekannt wurde, daß die Quoten der Kölner im Vormonat auf zwanzig Prozent hochgeschnellt sind. ARD-Programmchef Volker Herres war deswegen so sauer, daß er in einer Wutrede über die „kommerzielle Konkurrenz“ herzog. Das RTL-Programm sei „banal bis anal“ und bestehe vor allem aus „Sozialpornos“. Außerdem beklagte er: „Die Menschen machen, was sie wollen. Sie können sie nicht anschnallen und festhalten.“

Dahinter steht eine Weltanschauung, die so aussieht: Nur wir machen gutes Programm. Private Fernsehsender hingegen sind Halunken, die mit einem minderwertigen, nur auf Profit ausgerichteten Programm die Leute verblöden.

In diesem Weltbild ist so viel Wahrheit enthalten wie in den Scripted-Reality-Sendungen von RTL. Keiner wird gezwungen, Sendungen wie „Mitten im Leben“ und andere Sozialpornos zu schauen. Vor allem muß niemand dafür bezahlen. Auch die Firmen werben dort freiwillig. ARD und ZDF hingegen haben ein Heer von GEZ-Agenten, das für sie die Beiträge einsammelt. Ein privater Anbieter würde mit einem Drittel der sieben Milliarden Euro auskommen, die den immer fetter werdenden Monsterbehörden pro Jahr zur Verfügung stehen. Es gibt ihn aber nicht, weil er gegen ARD und ZDF chancenlos ist.

Die Saubermänner von der ARD glauben, daß nur sie in der Lage sind, Qualitätsfernsehen zu produzieren. Und daß das GEZ-Modell daher unbedingt erforderlich ist. Frei nach dem Motto: Wenn das  Geld im Kasten klingt, die Qualität ins ARD-Programm springt. Ein RTL-Sprecher antwortete auf diese Kritik an seinem Programm mit Herbert George Wells: „Moralische Entrüstung ist Neid mit einem kleinen Heiligenschein.“

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