© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Frisch gepresst

Ostelbier. Zwei Jahre vor seinem Tod gründete Hansjoachim von Rohr (1888–1971) die Zeitschrift Konservativ heute, die 1981 mit Criticón verschmolz. Es sei dem alten Herren, so berichtet Hans Christoph von Rohr in der leider viel zu schmalen Biographie seines Vaters, um ein „Gegengewicht gegen die im Zuge der 68er-Bewegung dramatisch beschleunigte Auflösung konservativer Ideen und Wertvorstellungen“ gegangen. Von Rohr war – im besten Sinne – ein Ostelbier wie aus dem Bilderbuch: in Vorpommern geboren, christlich und preußisch nach dem Motto „Das Vaterland wartet immer“ erzogen, Jurist und Corps-Student, „14/18“ selbstverständlich im Felde bewährt, danach deutschnational engagierter Land-edelmann, Parlamentarier, Vorsitzender des Pommerschen Landbundes, 1933 als Staatssekretär an Adolf Hitlers Kabinettstisch, den er nach etlichen Konflikten mit dem NS-„Bauernführer“ Walther Darré schon im September 1933 verlassen mußte, während der gesamten NS-Zeit durch Partei und Gestapo schikaniert, 1942 verhaftet, da er sowjetische Gefangene menschlich behandelte, Kontakte zum „20. Juli“, 1946 Enteignung und Flucht nach Westen, dort als CDU-Bundestagsabgeordneter wieder profilierter Verteidiger des bäuerlichen Familienbetriebs gegen den Brüsseler Agrarsozialismus. Stoff genug für ein dreimal so dickes Buch! (wm)

Hans Christoph von Rohr: Ein konservativer Kämpfer. Der Agrarpolitiker und NS-Gegner Hansjoachim von Rohr. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2010, gebunden, 164 Seiten, Abbildungen, 16,90 Euro

 

Massenmorde 1945. Durch immer neue Entdeckungen von Massengräbern in Slowenien, zuletzt im November 2010 (JF 47/10), hat das jetzt auf deutsch vorliegende Buch des 2006 verstorbenen Tito-Partisanen und Mitglieds des berüchtigten OZNA-Geheimdienstes, Zdenko Zavadlav, eine ungeheure Brisanz gewonnen, stellt es doch die in die Hunderttausende reichenden Massenmorde an politischen Oppositionellen (Domobranzen), deutschen Kriegsgefangenen und volksdeutschen Zivilisten aus der Sicht der Täter dar. Wie seine Ehefrau und Mitherausgeberin Marica Kulnik bekennt, sei ihr Mann wegen der ruchbar gewordenen Veröffentlichung seiner Bekenntnisse stark angefeindet worden. Man habe sogar auf ihn geschossen. Tatsächlich müßten sich viele fürchten, sollten jemals Ermittlungen wegen Völkermords angestrengt werden. Zavadlavs Aussagen über Vertreibung, Folter und Mord im „Todesland“ südlich der Karawanken 1945 bis 1946 böten dafür reichlich Stoff. (bä)

Zdenko Zavadlav: Späte Beichte. Aus dem Tagebuch eines slowenischen OZNA-Mannes. Mohorjeva-Hermagoras Verlag, Klagenfurt/ Laibach 2010, gebunden, 299 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

12. Dezember 1920:       Das polnische Parlament billigt einen Gesetzentwurf zur Siedlungspolitik in Posen und Westpreußen, um in deutschem Besitz befindliche Güter beschlagnahmen zu können. Dort sollen Landwirtschaftskolonien für landlose Polen entstehen.

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