© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Aus zwei mach eins
Innere Sicherheit: Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollen fusionieren
Hans Christians

Bundesinnenminister Thomas de Maizière gibt in der Diskussion über die Innere Sicherheit erneut den Takt vor. Nachdem er die Öffentlichkeit im November mit einer Terrorwarnung aufgeschreckt hatte, sorgt er nun mit den Plänen für eine einheitliche Bundespolizei für heftige Reaktionen.

In der vergangenen Woche präsentierte der CDU-Politiker die Reform-Vorschläge einer Kommission unter Leitung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckart Werthebach. Würden die Vorschläge wie vom Innenministerium geplant bereits im Frühjahr verwirklicht, wäre die Zersplitterung in diverse Polizeiapparate des Bundes zumindest teilweise beendet.

Die Werthebach-Kommission, der unter anderem der ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm angehört, regt im wesentlichen an, das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei, den früheren Bundesgrenzschutz, unter dem Dach einer neuen Bundespolizei zu vereinigen. Für den Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestages, Wolfgang Bosbach, ein Parteifreund des Innenministers, wäre dies „die größte Polizeireform der Geschichte“. Es werde Zeit, daß sich die Polizei auf ihre Kernkompetenz – Strafverfolgung und Kriminalitätsbekämpfung – konzentriere, sagte Bosbach. Das Land werde sicherer, wenn die Behörden die Reformen mittrügen. Der CDU-Politiker ging allerdings noch einen Schritt weiter und forderte, daß die Zoll-Polizei ebenfalls in die neue Behörde integriert werden solle, dies ist allerdings bislang nicht vorgesehen.

Es kann nicht verwundern, daß sich gegen diese Pläne in den vergangenen Tagen breiter Protest regte. Politiker aus den Bundesländern fürchten eine Beschneidung ihrer Kompetenzen. Sogar von „einem Angriff auf das föderale System ist die Rede“. Der Bundesinnenminister trat allerdings Spekulationen entgegen, er strebe ein deutsches FBI nach amerikanischem Vorbild mit ähnlich großen Kompetenzen an. Die Polizei solle in Deutschland grundsätzlich Ländersache bleiben. Dennoch rumort es wieder einmal in den Reihen der schwarz-gelben Koalition. Die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz warnte vor einer „Polizei mit bundesweiter Zuständigkeit für Kriminalität aller Art“. Gegenüber der Frankfurter Rundschau sprach sie sich grundsätzlich für eine bessere Zusammenarbeit der einzelnen Polizeibehörden aus, damit unnötige Doppelstrukturen abgebaut und die Beamten effektiver eingesetzt werden können.

Sie warnte davor, daß „eine gut ausgestattete Polizei im Bund einfach alle möglichen Verfahren an sich ziehen und damit die Länderzuständigkeit aushöhlen kann, nur weil sie mehr Personal hat“. Zudem sei sie skeptisch, ob die Reform „wirklich ohne eine Änderung des Grundgesetzes möglich ist“. Harsche Kritik hagelte es von seiten der Opposition. Grünen-Chefin Claudia Roth reagierte empört auf den Vorstoß des Ministers: „Es wird für ihn schwierig werden, diesen Plan umzusetzen, ohne das Grundgesetz zu ändern. Wir werden nicht zulassen, daß er das Recht beugt.“ Es gebe nicht den geringsten Grund, die gut funktionierende föderale Struktur aufzugeben. „De Maizière weitet hier Kompetenzen aus und macht aus dem Innenministerium ein Ministerium für Innere Sicherheit. Wir wollen kein deutsches FBI“, sagte Roth. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kritisierte, es handele sich „um den falschen Traum einer Zentralpolizei, die weniger Sicherheit zur Folge hätte“. Die Zusammenfassung unter einem Dach erwecke den falschen Eindruck einer umfassend tätigen Bundespolizei, die neben den Länderpolizeien die Kriminalitätsbekämpfung abdecken würde. Auch sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU) ging auf Distanz. „Ich lehne eine Zusammenlegung von Bundespolizei und BKA strikt ab. Ich werde einer solchen Mammut-Polizei des Bundes nicht zustimmen.“ Bundesinnenminister de Maizière muß also noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Denn auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP), bezeichnete die Vorschläge der Werthebach-Kommission als „mutlose Augenwischerei“. Der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut sagte, substantielle Änderungen seien nicht vorgesehen.

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