© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Ehrung für Kreml-Kritiker
Michail Chodorkowski erhält Menschenrechtspreis
Thorsten Thaler

Der 2003 verhaftete und 2005 in einem Schauprozeß zu acht Jahren Gefängnis verurteilte ehemalige Chef des russischen Ölkonzerns Yukos, Michail Chodorkowski (47), hat am Montag dieser Woche den Rainer-Hildebrandt-Menschenrechtspreis erhalten. Die Zeremonie fand im Mauermuseum am ehemaligen Checkpoint Charlie in Berlin statt. Die nach dem deutschen Publizisten und Gründer des Mauermuseums Rainer Hildebrandt benannte Auszeichnung überreichte der Bundesbeauftragte für Menschenrechte Markus Löning (FDP) an die Mutter und den Anwalt Chodorkowskis. Alexandra Hildebrandt, die Witwe des Museumsgründers, sagte in ihrer Laudatio: „Michail Chodorkowski erhält diesen Preis stellvertretend für alle politischen Gefangenen in Rußland.“

Unterdessen haben europäische Politiker Rußlands Präsident Medwedew in einem Offenen Brief aufgefordert, die gerichtliche Verfolgung von Michail Chodorkowski einzustellen. „Als entschiedene Befürworter einer Modernisierung Rußlands können wir nicht unbeteiligt zusehen, wie Gesetzlichkeit und humane Werte unverhüllt verletzt und kompromittiert werden“, heißt es in dem Brief. Unterzeichnet wurde er unter anderem von den ehemaligen Außenministern Großbritanniens und Frankreichs, David Miliband und Bernard Kouchner.

Chodorkowski sitzt derzeit seine Gefängnisstrafe wegen Betrugs und Steuerhinterziehung ab. In einem neuen Gerichtsprozeß in Moskau drohen ihm nun weitere 14 Jahre Haft. Die Anklage wirft ihm vor, in den Jahren 1999 bis 2003 Aktien und mehr als 200 Millionen Tonnen Öl unterschlagen zu haben. Außerdem steht der Vorwurf der Geldwäsche im Raum. Yukos machte drei Jahre später Bankrott. Das Vermögen des Konzerns ging an das Staatsunternehmen Rosneft. Die Urteilsverkündung in diesem zweiten Prozeß begann am Mittwoch dieser Woche. Chodorkowski beteuert seine Unschuld.

Die Ausstellung „Der Fall Chodorkowski – Bilder des Unrechts“ ist im Berliner Mauermuseum – Museum Haus am Checkpoint Charlie, Friedrichstraße 43-45, zu sehen. Tel.: 030 / 2 53 72 50 www.mauermuseum.de

Foto: Michail Chodorkowski (Erstes Verfahren), Zeich nung Denis Pitanow

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