© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Wirtschaftsprognosen von Bundesregierung und Bundesbank
Unsichere Aussichten
Bernd Thomas Ramb

Die wirtschaftlichen Aussichten für dieses Jahr sind nach Ansicht der Regierung nicht schlecht. Das heißt, sie erwartet ein Wachstum von 1,6 Prozent. Noch optimistischer – auf niedrigem Niveau – sind die Auguren der Bundesbank. Um satte zwei Prozent werde die deutsche Wirtschaftsleistung zunehmen. Damit würde 2011 wieder das Ergebnis von 2008 erreicht, der Einbruch der Wirtschaft nach dem Bankenzusammenbruch nach drei Jahren wieder ausgeglichen. Ob das eine gute Leistung ist oder nicht, läßt sich nur relativ beantworten: Die andern Länder sind wesentlich schlechter dran.

 Griechenland, Irland, Portugal und Spanien – in noch verborgener Dimension auch Belgien, Italien und Frankreich – stecken in einer tieferen Wirtschaftskrise. Schulden-, Banken- und Immobilienkrisen sind vordergründige Ursache dieser Miseren. Die gemeinsame Euro-Währung tut ihr übriges, den Krisenzustand zu verschärfen. Es fehlt dadurch die Möglichkeit, mittels Abwertung der nationalen Währung einen wirtschaftlichen Befreiungsschlag durchzuführen. Aber was scheren Deutschland die Probleme der Nachbarstaaten – ausgenommen die Verpflichtung, die Schulden der anderen zu begleichen?

Die deutsche Wirtschaft ist stark exportorientiert. Die Höhe der ausländischen Nachfrage hängt überwiegend von dem Einkommen der Ausländer ab und dieses wiederum von der Wirtschaftsleistung des Auslands. Je weniger die Handelspartner erwirtschaften, um so weniger werden deutsche Wirtschaftsgüter  importiert. Erste Einbrüche bei der Auslandsnachfrage nach deutschen Gütern bestätigen dies bereits. Dies wissend, hoffen alle Wirtschaftspropheten für 2011 auf einen Anstieg der deutschen Binnennachfrage. Da aber beherrschen große Fragezeichen die Zukunftserwartungen.

Eine erste Unwägbarkeit bietet der Arbeitsmarkt. Die Meldungen über einen Rückgang der Arbeitslosigkeit sind bei nüchterner Betrachtung vor allem auf die Zunahme von Zeitverträgen und Leiharbeitern zurückzuführen. Der Arbeitsmarkt wird dadurch flexibler – nach oben wie nach unten. Gleichzeitig wird die Forderung nach Lohnerhöhung lauter. Steigen die Löhne über Gebühr, werden wieder Arbeitskräfte freigesetzt. Ob in der Summe das Lohneinkommen hoch genug steigt, um die Binnennachfrage anzukurbeln, bleibt ungewiß.

Weitere Gefahrenpunkte bilden die Preis­erhöhungen bei Strom und Gas, die einkommensmindernden Eskapaden in Sachen Umweltschutz und nicht zuletzt das Damoklesschwert der Zinshöhe, die nicht ewig auf ihrem historischen Tiefstand verharren kann. Nicht zuletzt weil die weiterhin ungebremste Staatsverschuldung, die in Deutschland durch die Übernahme der Schulden anderer Euroländer zusätzlich explodiert, auch bei bester Bonität nur noch bei höheren Zinsen Gläubiger finden wird.

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