© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/11 07. Januar 2011

Haltungsnote
Defekte Oberleitung
Tilmann Wiesner

Die Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland, Brigitte Behrens, möchte die Bahn vollständig auf Öko-Strom umstellen. Statt mehr Geld in „Stuttgart 21“ zu pumpen, solle die Politik gemeinsam mit dem Bahnvorstand dafür sorgen, daß in die Oberleitungen kein Kohle- und Atomstrom mehr kommt, forderte sie lauthals in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dapd. Zu dumm, daß ihr ziemlich drastisches Urteil über den geplanten unterirdischen Stuttgarter Bahnhof – „ein völlig überzogenes, milliardenschweres Prestigeobjekt“ – ebenso auf den von ihr geliebten und vom Steuerzahler subventionierten Ökostrom zutrifft. Man stelle sich nur einmal vor, daß die Bahn neben festgefroreren Weichen im Winter auch noch mit stillstehenden Windrädern im Sommer zu kämpfen hätte. Ein Horrorszenario.

Ähnlich bizarr mutet es an, wie die 1951 in Würzburg geborene Soziologin die Umweltpolitik der Bundesregierung im vergangenen Jahr bewertet. So habe der Stop des Atomausstiegs die gesamte Energie- und Klimapolitik von Schwarz-Gelb diskreditiert. Durch längere Laufzeiten und mehr Atommüll sei die Sicherheit aller Bundesbürger und künftiger Generationen in verantwortungsloser Weise aufs Spiel gesetzt.

Behrens, die 1979 eine Diplomarbeit über die von ihr mitbegründete Frauenkneipe Hamburg verfaßte, konzediert damit indirekt, daß in Umweltfragen keine substantiellen Unterschiede zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün existieren. Mit Ausnahme von dem Zeitpunkt, wann der unter Rot-Grün besiegelte Ausstieg in Kraft tritt. Der selbstverorteten „Linksintellektuellen“ scheint entgangen zu sein, daß die „grüne“ Ideologie das deutsche Bürgertum bereits infiltriert hat. Es fürchtet den fernen Klimatod mehr als den nahen Volkstod. Die Umweltaktivisten haben sich zu Tode gesiegt.

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