© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/11 14. Januar 2011

Bäuerliche Familien und mitteldeutsches Agrarland
Aufs neue unterdrückt
Klaus Peter Krause

Private Großinvestoren sind scharf auf Agrarland in den neuen Bundesländern. Aber Landwirte sind sie nicht und ortsansässig auch nicht. Doch weil sie die Ackerlandpreise hochtreiben, schnappen sie den ortsansässigen Bauern Flächen weg, obwohl die für ihre zu kleinen Betriebe auf mehr Land angewiesen sind.

Das Kaufinteresse dieser ortsfremden Investoren konzentriert sich auf große, zusammenhängende Flächen, nicht auf kleinräumige. Solche Flächen stehen in der Verfügungsgewalt der fünf neuen Länder, ihrer Gemeinden oder der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), die dort zusammen über 50 bis 65 Prozent der Agrarflächen verfügen.

Der Rest ist breit verteilt und meist im privaten Eigentum ortsansässiger Landwirte mit ihren bäuerlichen Betrieben. Von den BVVG-Flächen steht noch ein Rest von knapp 400.000 Hektar zum Verkauf. Darüber, ob, an wen und was vom staatlichen und kommunalen Agrarland verkauft wird, entscheiden die fünf Bundesländer mit ihren Agrarministern und Ministerpräsidenten, aber nicht nur über die eigenen Flächen, sondern letztlich auch über jene, die für den Bund die BVVG verwaltet und die sie – für den Fiskus möglichst erlösreich – privatisieren soll.

Dieser „Ausverkauf“ von mitteldeutschem Agrarland an auswärtige, finanzkräftige Geldanleger findet schon lange statt, aber bis vor etwa drei Monaten ohne öffentliches Aufsehen. Inzwischen jedoch ist der Ausverkauf als „Furcht vor fremden Investoren“ in etlichen Medien zum öffentlichen Thema gemacht worden. An sich durchaus zu Recht, jedoch nicht um den bäuerlichen Betrieben zu mehr Eigenland zu verhelfen, sondern den großen LPG-Nachfolgegesellschaften mit ihren einstigen DDR-Agrarkadern an der Spitze.

Sie nämlich wollen und können bei den hohen Preisen, die jene Investoren zu zahlen bereit sind, ebenfalls nicht mithalten und haben die öffentliche Diskussion gegen diese Investoren inszeniert, um die weiteren Verkäufe an sie für die eigenen Zwecke zu verhindern. Als die bisher Begünstigten beim Flächenkauf nutzen sie die geschürte Furcht vor den fremden Investoren, um sich auch die nunmehr letzten 400.000 BVVG-Hektar zu einem möglichst hoch subventionierten Kaufpreis einzuverleiben.

Es droht, daß ihnen das mit ihrer starken politischen Vernetzung gelingt. Dann gehen die bäuerlichen Familienbetriebe, darunter die „Alteigentümer“, leer aus. Es sind dies teils die 1945 bis 1949 in der SBZ politisch verfolgten und enteigneten Familien, teils die in der DDR zwangskollektivierten Bauern, die nach 1990 ihre Betriebe wieder aufzubauen versuchten. Sie wären abermals die Verlierer, obwohl sie die Mehrheit der mitteldeutschen Landbevölkerung ausmachen. Sie werden weiterhin vernachlässigt, benachteiligt und auf diese Weise aufs neue unterdrückt.

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