© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/11 14. Januar 2011

Fritz Tobias verstorben: Theorien zum Reichstagsbrand schwelen weiter
Van der Lubbe war es
(krk)

Der Mann, der den Reichstagsbrand aufklärte“, überschrieb Sven Felix Kellerhoff den Nachruf auf den früheren niedersächsischen Ministerialbeamten und Autor Fritz Tobias in der Welt. Die Lobeshymne Kellerhoffs auf den am 1. Januar im Alter von 88 Jahren verstorbenen Geschichtsforscher ist nicht verwunderlich. Schließlich hat der Zeitgeschichtsredakteur der Welt erst vor zwei Jahren ein Buch zum Reichstagsbrand veröffentlicht, in dem er die maßgeblich von Tobias und dem Historiker Hans Mommsen aufgestellte These der Alleintäterschaft des Holländers Marinus van der Lubbe gegen alle Kritiker und Zweifler, aber auch gegen neuere Aktenfunde, verteidigte. Tobias war 1959/60 in einer Serie im Spiegel anhand akribischer Recherchen zu dem Schluß gekommen, daß nur van der Lubbe als alleiniger Täter für den Reichstagsbrand in Frage kommen könne. Bis zum Schluß verteidigte der ehemalige Oberregierungsrat gemeinsam mit Mommsen verbissen seine Theorie gegen vornehmlich linkslastige Historiker, die die Nationalsozialisten für die Brandstiftung verantwortlich machen wollen. So richtig jedoch seine Kritik an zumeist politisch motivierten Wissenschaftlern war, so arrogant wischte Tobias stets auch alle berechtigen Zweifel an seiner Version beiseite. Den Kampf um die Deutungshoheit muß Mommsen nun alleine weiterfechten. In Kellerhoff hat er jedoch einen Getreuen, der Tobias in Sachen Alleingültigkeitsanspruch in nichts nachsteht.

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