© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/11 14. Januar 2011

Frisch gepresst

Wiener Uni unter Hitler. Der Berg der wissenschaftsgeschichlichen Arbeiten zur NS-Zeit wächst weiter unablässig. Von einem „geringen Allgemeininteresse“, das noch 2002 beklagt wurde, könne heute, so der Wiener Psychologie-Historiker Mitchell G. Ash, wirklich keine Rede mehr sein, schickt er fast entschuldigend seinem Band über die Wiener „Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus“ voraus. Er wendet dann auch Mühe auf, um sich wenigstens methodisch von der Masse bisheriger Veröffentlichungen abzuheben. Seine „Entdeckungen“, daß es „den“ Nationalsozialismus nicht gegeben habe, die Scheidung zwischen „reiner“ und „angewandter“ Wissenschaft von veralteter „dualistischer Denkungsart“ zeuge, oder die „Selbstindienstnahme“ von Wissenschaftlern für das Verhältnis von Wissenschaftlern zu NS-Instanzen starke Beachtung verdiene – das sind reichlich alte Hüte, die Ash da herumreicht. Seine versammelten Beiträge lassen die Philosophie und vor allem die vor 1945 international führende Wiener Kunstgeschichte neben der Musikwissenschaft, der Orientalistik und Slavistik vermissen. Ansonsten werden neben den akademisch eher marginalen Theaterwissenschaften oder der Dolmetscherausbildung vor allem die Neueren Philologien, die Geschichtswissenschaft in ganzer Bandbreite, die „NS-Judenforschung“ und – der Tribut an die Genderforschung – natürlich auch die Rolle der „weiblichen Exzellenz“ an der Wiener Universität untersucht. (wm)

Mitchell G. Ash, Wolfram Nieß, Ramon Pils (Hrsg.): Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien. Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen 2010, gebunden, 587 Seiten, 67,90 Euro

 

Preußisch Blau. Der königlich preußische Generalleutnant Wilhelm von Thümen verfaßte 1837 eine Übersicht der Geschichte und Uniformierung der preußischen Garderegimenter aus fast anderthalb Jahrhunderten. Die Militärhistoriker Axel Hentschel und Klaus-Ulrich Keubke haben sich dieses mit über hundert Farbtafeln geschmückten Kleinods angenommen, es transkribiert und neu herausgegeben. Damit machen sie nicht nur Militariafreunde an der Zinnfigurenfront glücklich, sondern erschließen wichtige Zeugnisse aus den napoleonischen Kriegen der Preußen, auf die der Veteran von Thümen ausführlich Bezug nimmt. (bä)

Axel Hentschel, Klaus-Ulrich Keub-ke (Hrsg.): Wilhelm von Thümen, Die Uniformen der preußischen Garden 1704–1836. APH Verlag, Schwerin 2010, broschiert, 318 Seiten, Abbildungen, 35 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

19. Januar 1981: Das Berliner Landgericht verurteilt Rechtsanwalt Hans-Christian Ströbele wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu 18 Monaten Haft mit Bewährung. Laut Gericht steuerte Ströbele das „Info-System“ für inhaftierte RAF-Terroristen.

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