© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Jeden Tag 94 Kinder
Kindesentziehung: Immer häufiger greift der Staat bei vermeintlichen oder tatsächlichen familiären Mißständen ein
(JF)

Statistisch werden jeden Tag in Deutschland rund 94 Kinder oder Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren vom Jugendamt in Obhut genommen (siehe Grafiken und Seite 7). In 25.188 Fällen erfolgte die Inobhutnahme laut einer Zusammenstellung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2009 wegen einer Gefährdung des Kindeswohls, in 8.212 Fällen erfolgte sie auf Wunsch der Familien selbst. Die meisten der in Obhut genommenen Kinder (27.021) wurden in einer Einrichtung (Heim) untergebracht, 5.428 bei einer „geeigneten Person“.

Angeregt wurden die Maßnahmen vor allem durch die Jugendämter oder Sozialdienste (9.871), an zweiter Stelle rangieren die Kinder oder Jugendlichen selbst (8.235). Insgesamt 7.676mal haben im Jahr 2009 Polizei oder Ordnungsämter eine Inobhutnahme angeregt; 810mal waren es Lehrer, 691mal Verwandte oder Nachbarn und 566mal Ärzte.

Bevor sich das Jugendamt ihrer annahm, lebten laut Statistik die meisten der betroffenen Kinder oder Jugendlichen bei einem alleinerziehenden Elternteil (10.487), 9.093 lebten bei den Eltern. In 5.870 Fällen lebten die betroffenen Kinder bei einem Elternteil mit Stiefelternteil oder Partner. In der überwiegenden Zahl der Fälle (14.390) kehrten die Kinder oder Jugendlichen später wieder zu ihren Eltern zurück.

Das Kinder- und Jugendhilfegesetz sieht vor, daß die Jugendämter berechtigt und verpflichtet sind, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr besteht. In diesem Fall muß auch nicht die Entscheidung eines Familiengerichts abgewartet werden. Ein Gericht muß angerufen werden, wenn die Sorge- oder die Erziehungsberechtigten „nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken“.

Im Gesetz heißt es außerdem, daß  das Jugendamt ein Kind unverzüglich den Erziehungsberechtigten – in der Regel also den Eltern oder einem Elternteil – wieder zu übergeben hat, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Erziehungsberechtigten „bereit und in der Lage sind, eine Gefährdung abzuwenden“.

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