© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/11 04. Februar 2011
Das wird man doch mal wählen dürfen Eigentlich dürfte sich Alexander Häusler über den Bucherfolg von Thilo Sarrazin und die zuletzt häufig aufgekommene Diskussion über eine mögliche Partei rechts von der CDU nur freuen. Als Sozialwissenschaftler und Rechtsextremismusforscher geht ihm derzeit die Arbeit nicht aus. Und so referierte Häusler nun auf einer Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel Pro Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz Kontra Rassismus und Ausgrenzung. Doch es ist Häusler selbst, der dem Publikum Thesen präsentiert, die nicht selten als Grundlage für die Ausgrenzung vermeintlicher oder tatsächlicher Rassisten dienen. Wie selbstverständlich ordnet Häusler die österreichische FPÖ und die deutsche Pro-Bewegung der modernisierten extremen Rechten zu, die sich durch eine proklamierte Abkehr vom Faschismus, durch taktische Befürwortung der direkten Demokratie sowie durch eine Kulturalisierung des Rassismus auszeichne. Diesen Rassismus verortet Häusler auch bei der schweizerischen SVP, die mit einer Initiative vor kurzem erfolgreich die Ausschaffung krimineller Ausländer fordert. Wenn man sich die Plakate der SVP anschaue, dann könne man das kriminell getrost weglassen, behauptet Häusler. An den Vortrag Häuslers schloß sich eine Podiumsdiskussion an, die von dem Tagesspiegel-Journalisten Frank Jansen geleitet wurde. Jansen hat sich, wie er von sich selbst sagt, seit vielen Jahren intensiv mit dem Extremismus, insbesondere mit dem Rechtsextremismus journalistisch beschäftigt. Das dürfte auch für Raed Saleh gelten, der für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Auf seiner Internetseite gibt Saleh sein Lebensmotto bekannt: Politik ist für mich der Dialog mit den Menschen auf Augenhöhe; Betroffene müssen zu Beteiligten gemacht werden. Doch während der Debatte um Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab war bei Saleh weniger zu sehen vom Dialog mit den Menschen auf Augenhöhe, längst forderte er den Parteiausschluß Sarrazins. Bei der Podiumsdiskussion verlangte Saleh nun einen Schulterschluß von der FDP über die CSU bis zur Linkspartei, der fordern müsse: Leute, wählt im demokratischen Spektrum! Leider sei jedoch zu befürchten, daß aus der Haltung Das wird man doch mal sagen dürfen bald auch die Haltung Das wird man doch mal wählen dürfen erwachsen könne.Auch Dirk Stegemann, Sprecher des Bündnisses Rechtspopulismus stoppen!, das sich kürzlich durch die Verhinderung des Parteitages der Stadtkewitz-Partei auszeichnete (siehe Seite 7) behauptet, daß der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft nicht erst seit der Sarrazin-Debatte angekommen ist. Frank Jansen will später von der SPD-Bundestagsabgeordneten Mechthild Rawert wissen, wie die SPD mit dem Gift, das Sarrazin verspritzt hat, umgehen könne. Rawert verweist darauf, daß es ein geordnetes Verfahren gebe, doch sei Sarrazins Meinung nicht vereinbar mit dem Menschenbild der SPD. Bereits nach Sarrazins Interview in der Zeitschrift Lettre international im Herbst 2009 hatte sie einen Parteiausschluß gefordert. Einige andere, die damals noch nicht so weise waren wie wir, hätten ihre Meinung inzwischen geändert. Am Rande der Veranstaltung spricht Jansen dann Stegemann doch noch darauf an, daß Straßenblockaden gegen Rechtsextremisten nicht bei jedem auf Verständnis stoßen. Doch Stegemann sieht keinen Grund zur Kritik, preist sein breites Bündnis und dessen vielfältige Möglichkeiten des Protests. Dieser Protest könne eine humorvolle Art haben, jedoch auch Aktionsformen des zivilen Widerstands beinhalten. Manchen im Publikum ist das nicht genug. Henryk M. Broder, die Internet-Plattform Achse des Guten und die rechte Schweizer Weltwoche seien während der Diskussion gar nicht angesprochen worden, beklagt ein Teilnehmer. Häusler entschuldigt sich mit einer Anspielung auf die Achse des Guten dafür, daß das von ihm Skizzierte eigentlich nur der rechte Rand dieser Achse der Islamfeinde sei. |