© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/11 04. Februar 2011

Europäische Union: Dramatischer Bedeutungsverlust
Das Ende deutscher Geduld in Sicht
(ob)

Den „Eindruck eines Bergsturzes“, so der Demoskop Thomas Petersen, mache das seit der Finanzkrise dramatisch gesunkene Vertrauen in das „Eliten-Projekt“ der europäischen Integration. Nach der jüngsten Allensbacher Umfrage scheint der Geduldsfaden der Deutschen, gegen deren Willen ohnehin „alle großen Grundsatzentscheidungen der europäischen Einigung der letzten 20 Jahre“ gefallen seien, nunmehr gerissen (FAZ, 26. Januar 2011). Petersen schürt jedoch Hoffnung: dieser Trend lasse sich umkehren, wenn die EU-Ziele besser kommuniziert würden. Dann wüßten auch bald mehr als vier Prozent der Befragten, wer Herman Van Rompuy sei, nämlich Präsident des Europäischen Rates. Ein Trost, den die Mannheimer Politikwissenschaftlerin und Heisenberg-Stipendiatin Viktoria Kaina der eine „Politik der Hinterzimmer“ treibenden EU-Nomenklatura nicht spenden kann (Zeitschrift für Politik, 4/2010). Denn das Mißtrauen der Deutschen wurzele nicht in der Finanz- und Eurokrise, sondern viel tiefer in ihrer weiterhin auf den Nationalstaat fixierten Identität. Der EU sei es nie gelungen, den „Mehrwert“ eines supranationalen Staatenbundes zu vermitteln. Und es mangele ihr mit ihren „universalistischen Werten“ an den für eine kollektive Identitätsbildung unverzichtbaren „exklusiven Gemeinsamkeiten“, an der „Definition von Grenzen gegenüber anderen“. www.zfp.nomos.de

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