© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Verdeckter Angriff auf die Armee
Schweiz: Abstimmung über linke Wa­ffeninitiative
Frank Liebermann

Andere Länder, andere Sitten. In der Schweiz ist es ohne Probleme für jeden Bürger möglich, legal eine Schußwaffe zu erwerben. Dazu sind nur ein Auszug aus dem Strafregister, Formulare die sich aus dem Internet herunterladen lassen und ein gültiger Ausweis notwendig. Schon kann sich der Schweizer nach einigen Tagen seine Waffe abholen. Und noch eine Besonderheit gibt es.

Jeder Schweizer, der seinen Wehrdienst leistet oder abgeleistet hat, darf sein Sturmgewehr mit nach Hause nehmen, sofern er das möchte. Mit dieser lockeren Praxis soll aber demnächst Schluß sein. Die Initiative „Für den Schutz vor Waffengewalt“ fordert ein restriktives Waffengesetz und erklärt: „Jährlich kommen in der Schweiz rund 300 Menschen durch Schußwaffen ums Leben. Das sind 300 zuviel.“ Am 13. Februar sollen die Eidgenossen nun über die Waffeninitiative abstimmen.

Doch was sind die Fakten? Das Schweizer Bundesamt für Statistik ermittelte, daß bei den rund 1.300 Suiziden im Jahr rund 18 Prozent mit Schußwaffen ausgeführt werden. Die Zahl der im Umlauf befindlichen Schußwaffen beziffern die Statistiker mit rund 2,3 Millionen bei 7,8 Millionen Einwohnern. Der Großteil davon, nämlich 1,7 Millionen, sind Armeewaffen. Die restlichen Waffen gehören Sport- und Jagdschützen.

Die Befürworter der Initiative möchten massive Änderungen durchsetzen. Bisher sind die Schußwaffen nicht zentral registriert, sondern die Kantone regeln dies individuell. Ein Zentralregister für Schußwaffen auf Bundesebene soll mehr Kontrolle ermöglichen. Möchte zukünftig eine Person Schußwaffen erwerben, soll sie zukünftig eine Art „Führerschein“ für Waffen machen müssen. Pumpguns und Schnellfeuerwaffen sollen generell nicht mehr von Privatpersonen erworben werden können. Auch bei den Armeewaffen sollen sich massive Änderungen ergeben. Nach Ableisten der Dienstpflicht sollen die Wehrpflichtigen ihre Waffen abgeben.

Gestartet hat die Initiative eine Gruppe von über 50 Organisationen. Darunter befindet sich die Sozialdemokratische Partei, die Grünen, eine Gruppe für die Abschaffung der Schweizer Armee sowie eine Vielzahl von Frauenvereinigungen und die Kirchen. Die Befürworter berufen sich auf Studien, die den Zusammenhang zwischen Suiziden und der Verfügbarkeit von Schußwaffen belegen. In verzweifelten Lagen führe die sofort verfügbare Waffe oft zu Kurzschlußreaktionen. Ein anderes gewichtiges Argument führen die Frauenverbände an. Gewalttätige Männer drohten oft mit den Waffen, was für Frauen eine Gefährdung darstelle.

Völlig anders argumentiert die Schweizerische Volkspartei (SVP), die für eine Ablehnung kämpft. Gegen die eigentlichen Kriminellen, die ihre Waffen nicht legal erwerben, unternehme die Initiative nichts, da sich diese meist nicht um einen Waffenschein bemühen. Auch stehe das Argument der Suizide auf wackligen Beinen, meint die SVP. Schließlich kann niemand genau sagen, ob sich die Selbstmörder nicht auf einem anderen Weg ums Leben gebracht hätten. Und bei der häuslichen Gewalt seien Schläge das größte Problem, nicht die Waffen. Die SVP vermutet allerdings noch etwas anderes: Unter dem Deckmantel der Initiative soll die Schweizer Armee erst geschwächt und dann abgeschafft werden.

Nach der Ausschaffungsinitiative (JF 49/10) stehen sich auch bei dieser Abstimmung die Lager einmal mehr unversöhnlich gegenüber. Nach Meinungsumfragen hatten die Befürworter im Januar noch einen deutlichen Vorsprung. Kurz vor dem Urnengang deuten Umfragen aber auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

www.schutz-vor-waffengewalt.ch

www.waffeninitiative-nein.ch

www.entwaffnungs-initiative-nein.ch

Foto: Plakate zur Waffeninitiative: Während die SVP die Zerstörung Schweizer Werte kritisiert, setzen die Befürworter auf den Schutz der Familie

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