© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Ausländische Goldgräber
Bergbau: US-Holding will in der Lausitz Kupfer und andere Metalle fördern / Milliardengewinne erwartet
Paul Leonhard

Durch das Spremberger Land fahren derzeit weiße Zwanzigtonner. Bei den futuristisch anmutenden Fahrzeugen handelt es sich um Meßautos einer Spezialfirma. Die Vibrationsfahrzeuge schicken an genau festgelegten Stellen zwölf Sekunden lange Schallwellen bis zu 1.500 Meter tief in die Erde. Dort werden sie von Erd- und Gesteinsschichten reflektiert. Diese Wellen werden wiederum von hochempfindlichen Geophonen aufgenommen und in elektrische Daten umgewandelt.

Pünktlich Anfang Februar haben diese Arbeiten begonnen. Mitte März soll die seismische Erkundung beendet sein. Dann weiß man, wie die Gesteinsschichten unter der Erde liegen, welche Faltungen und Bruchstrukturen das Deckgebirge eventuell aufweist und wo sich die optimalen Standorte für Schächte befinden. Die KSL Kupferschiefer Lausitz GmbH liegt exakt im Zeitplan. Schließlich geht es um viel Geld – und um begehrte Rohstoffe wie Gold, Silber, Kobalt, Molybdän, Palladium sowie Spezialmetalle wie Indium, Germanium, Gallium, Lithium und Platin, vor allem aber Kupfer.

Die Kupferlagerstätte Spremberg-Graustein-Schleife im brandenburgischen Spree-Neiße-Kreis sowie dem angrenzenden, zu Sachsen gehörenden Gebiet südlich von Weißwasser ist 15 Kilometer lang und drei Kilometer breit. Die Erzmächtigkeit beträgt durchschnittlich 2,50 Meter, örtlich sogar bis zu acht Meter. 200 Millionen Tonnen Kupferschiefer sollen in der Lausitzer Lagerstätte auf ihren Abbau warten, fast doppelt soviel wie erwartet. Daraus könnten zwei Millionen Tonnen reines Kupfermetall gewonnen werden.

Zu ähnlichen Zahlen waren bereits DDR-Geologen gekommen, die das Vorkommen auf 1,5 Millionen Tonnen Kupfermetall geschätzt hatten. Seinerzeit war man aber vor den enormen Kosten eines Kupferabbaus zurückgeschreckt. Auch hatte man in Ost-Berlin eher auf Erdöl und Erdgas spekuliert, die bei derartigen Lagerstätten oft gemeinsam auftreten. 1980 wurden die Erkundungsarbeiten eingestellt.

Heute lockt angesichts der weltweit steigenden Rohstoffpreise ein Milliardengeschäft. Ein Abbau des Kupfererzes ist aus Sicht der KSL, die auch die Ergebnisse von mehr als hundert Probebohrungen aus DDR-Zeiten nutzen konnte, sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich sinnvoll. Auf 700 bis 800 Millionen Euro schätzt das Unternehmen die Kosten bis zum für 2015 geplanten Start des Kupferbergbaus. Allein die drei Probebohrungen bei Spremberg und Schleife, die Gestein aus bis zu 1.500 Metern aus der Tiefe holten, kosteten jeweils drei Millionen Euro. Aber angesichts des unter der Erde liegenden Schatzes sind das Peanuts.

Schätzungsweise 15 Milliarden Euro ist das zu fördernde Kupfererz derzeit wert, weitere 20 Milliarden Euro die Spezialmetalle. Daß sich hier aber auch Deutschlands größte zusammenhängende Goldlagerstätte befindet, überraschte selbst Experten. Nach den Probebohrungen werden in dem Kupferflöz 15 Tonnen Gold vermutet (JF 6/11). Ab 2013 sollen im Industriegebiet Spremberg-Ost die ersten Schächte für den unterirdischen Abbau errichtet werden. Mit dem Abbau des Kupfererzes soll frühestens zwischen 2016 und 2020 begonnen werden.

Warum sich kein deutsches Unternehmen zur heimischen Kupfergewinnung entschlossen hat, darüber läßt sich nur spekulieren. Daß die KSL als deutsches Tochterunternehmen der in Panama ansässigen US-Holding Minera S.A. speziell für die Lausitz gegründet wurde, beruhigt zumindest die örtlichen Landes- und Kommunalpolitiker. Immerhin hat sich die KSL verpflichtet, die international anerkannten Sicherheits- und Umweltstandards einzuhalten.

Darüber hinaus versichern die Werbestrategen von Minera und KSL: „Lösungen werden gemeinsam mit den Menschen der Region diskutiert, konzipiert und umgesetzt, so daß alle Beteiligten gleichermaßen profitieren können.“ Auch zum Erhalt der örtlichen Flora und Fauna hat sich die KSL bekannt: „Die sorgfältige und gewissenhafte Beobachtung von Luft- und Feinstoffwerten sowie von Lärmpegel, Boden- und Grundwasserbelastung wird fester Bestandteil des täglichen Arbeitsablaufs sein.“ Ziel sei, lediglich einen minimalen Umwelt-„Fußabdruck“ vor, während und nach der Inbetriebnahme des Bergwerks zu verursachen.

Man verspricht also eine heile Welt für die schon durch den Braunkohleabbau geschädigte Region. Überdies zählt die Lausitz, die zur Zeit nur mit Truppenübungsplätzen und der Rückkehr der Wölfe für sich wirbt, zu den strukturschwächsten Regionen Deutschlands. So freut man sich vor allem auf die 1.500 direkten und weitere 1.500 indirekte Arbeitsplätze, die das Bergbauunternehmen für die nächsten vier Jahrzehnte verspricht. Regional ansässige Firmen und Dienstleister sollen bestmöglichst eingebunden werden. Die Bürgermeister der Gemeinden erwarten mehr Gewerbesteuereinnahmen und die Finanzminister Brandenburgs und Sachsens jene zehn Prozent der Erlöse, die die KSL überweisen muß.

Auch die polnischen Bergleute im benachbarten Schlesien sind froh gestimmt. Denn hundert Kilometer weiter östlich befindet sich eine 550 Quadratkilometer große, geologisch ähnliche Lagerstätte: das niederschlesische Kupferbecken Liegnitz (Legnica) – Glogau (Głogów), wo bereits seit Jahren von der Firma KGHM Polska Miedź Kupfer abgebaut wird. Die erfahrenen Kumpel stehen bereit, ihr Glück besserbezahlt weiter westwärts zu suchen. In den Werbe-Faltblättern wird die potentielle Konkurrenz im Nachbarland ausgeklammert. Der Schwerpunkt liegt gegenwärtig bei der seismischen Erkundung: Von den seismischen Wellen der Vibrationsfahrzeuge würden „keine schädlichen Begleiterscheinungen für Mensch und Umwelt ausgehen“.

KSL Kupferschiefer Lausitz GmbH www.kupferschieferlausitz.com

Foto: Zwei Arbeiter bei Probebohrungen: Insgesamt werden 15 Tonnen Gold im Lausitzer Kupferflöz vermutet

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen