© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Zusammenprall der Kulturen
Winterakademie: Das Institut für Staatspolitik widmete sich dem Thema Islam
Fabian Schmidt-Ahmad

Das Gegensatzpaar von Orient und Okzident, haben sie in einer globalisierten Welt überhaupt noch einen Platz? Sind wir nicht schon längst eine einheitliche Menschheit geworden, Freiheit und Demokratie als gemeinsames Ziel? Entsprechend bejubeln die hiesigen Medien die Volksaufstände im Nahen Osten und fühlen sich an die friedlichen Revolutionen von 1989 erinnert.

Tatsächlich dürften sie aber wohl eher das völlige Unverständnis aufzeigen, wie es hierzulande einer fremden Kultur entgegengebracht wird. Denn daß der Islam eine Kultur ist, die eigenen Gesetzmäßigkeiten folgt – davon konnte man sich auf der diesjährigen Tagung des Instituts für Staatspolitik (IfS) überzeugen. Jenseits der ohrenbetäubenden Phrase von „Islam heißt Frieden“ wurde hier dem Islam in seiner Vielschichtigkeit nachgegangen.

Der Sozialwissenschaftler Manfred Kleine-Hartlage – bekannt durch sein Buch „Das Dschihad-System“ – erläuterte den grundlegenden Unterschied zwischen der islamischen und unserer Kultur an spezifischen Verhaltensmustern. Jede Gesellschaft sozialisiert den einzelnen in einer Weise, daß dieser weitgehend unterbewußte Erwartungshaltungen an sich und andere stellt. Wechselt der kulturelle Hintergrund, kommt es zu Komplikationen.

Es sind nach Kleine-Hartlage seltsamerweise die eifrigsten Verfechter der multikulturellen Ideologie, die nicht bemerken, wie sehr ihre Sicht auf die Welt von intrinsischen Annahmen geprägt ist. Das Wort „Gerechtigkeit“ beispielsweise beinhaltet vor einem christlichen Hintergrund Dinge wie Ausgleich, Maßhalten und dergleichen mehr. Vor einem islamischen dagegen heißt dies nichts anderes, als nach den mohammedanischen Gesetzen zu leben.

Fordern Moslems daher für sich „Gerechtigkeit“, ist damit etwas anderes gemeint. „Frieden“, „Dialog“, „Demokratie“ und weitere Begriffe mögen äußerlich ähnlich klingen, bedeuten in der jeweiligen Kultur aber Unterschiedliches. Auch wenn man so im Islam der historischen Gestalt Jesus Christus hohe Wertschätzung zukommen läßt, was manche Christen beeindrucken kann, ist hierunter etwas völlig anderes zu verstehen als im Christentum.

Der Theologe Karl-Heinz Kuhlmann arbeitete entsprechend in seinem Beitrag heraus, wie in bezug auf Christus Islam und Christentum einander kontradiktorisch gegenüberstehen. Es könne daher allenfalls eine „dialogische Situation“ geben, stellte der evangelische Pfarrer ernüchternd fest. Seit jeher setzt der Islam die Christenheit als seinen zu überwindenden Feind. Die angemessene Antwort hierauf sei nicht ein nivellierender Dialog, sondern ein mutiges und offensives Bekenntnis zum dreieinigen Gott.

Ein Gott, der eben nicht identisch ist mit dem islamischen „Allah“, auch wenn dieser Name von arabischen Christen verwendet wird. „Ist der HERR Gott, so wandelt ihm nach; ist’s aber Baal, so wandelt ihm nach“ – mit diesem Satz aus dem Buch der Könige wies Kuhlmann darauf hin, daß es nicht gleichgültig ist, welche Wesenheit sich hinter einem Namen verbirgt. Sonst hätte das Volk Israel beim bloßen Namen stehenbleiben können, der bei anderen Völkern eben anders lautet.

Was das islamische Glaubensbekenntnis betrifft, so gibt es zwei Seiten. Die eine ist die, wie sich der Islam in seinem Selbstverständnis sieht: als eine ursprüngliche Religion, die durch einen Propheten namens Muhammed erneut verkündet wurde und in einem raschen Siegeslauf den gesamten Nahen Osten unterwarf – für Moslems Beweis für die Wahrheit der eigenen Sache.

Die andere Seite ist die allmähliche Abspaltung einer religiösen Nebenströmung der Christenheit in einem jahrhundertelangen Prozeß, wie ihn der Orientalist Gerd-Rüdiger Puin nachzeichnete. Ein historischer Abspaltungsprozeß, wie er an Dramatik in nichts den islamischen Legenden über die eigene Gründung nachsteht.

Gehört der Islam zu Europa, wie es die Neujahrsrede von Bundespräsident Christian Wulff nahelegt? Ganz sicher nicht, mag man nach dem Besuch der Tagung denken. Aber wenn man nicht die Entwicklungstendenzen der Gegenwart beachtet und ihnen energisch entgegentritt, wo es nötig ist, kann es sehr gut sein, daß Europa eines Tages zum Islam gehören wird.

Ein ausführlicher Tagungsbericht findet sich in der aktuellen Sezession, Heft 40. www.sezession.de

Foto: Al Mustafa Moschee im ägyptischen Sharm el Sheikh: Der Islam folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten

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