© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Verhinderte Auszeichnung
Margot Käßmann sollte Zivilcourage-Preis erhalten
Thorsten Thaler

Terroristen erhalten Friedensnobelpreise; Autoren, die keinen geraden Satz zu Papier bringen, bekommen Literaturauszeichnungen; Gutmenschen, die eine Straftat vortäuschen, um sich selbst als Opfer zu stilisieren, werden mit Ehrungen für Zivilcourage bedacht – was hat es nicht schon alles für peinliche, zynische, infame Preisverleihungen gegeben. Die fünfzehn deutschen Lutherstädte entblödeten sich 2009 nicht einmal, ihren mit 10.000 Euro dotierten Preis „Das unerschrockene Wort“ an die Antifa-Schreiberin Andrea Röpke zu vergeben, deren Geschäft hauptsächlich im Denunzieren besteht, aber nicht das mindeste mit einer Tradition Martin Luthers zu tun hat.

Doch immer wenn man denkt, etwas ist nicht mehr steigerungsfähig, dann legt irgendwer noch einen drauf. So wollte die Kulturstiftung Pro Europa jedenfalls noch bis Anfang dieser Woche die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, mit dem Europäischen Kulturpreis für Zivilcourage auszeichnen – unter anderem für deren Rücktritt nach einer Trunkenheitsfahrt. Mit dieser Entscheidung habe sie „erheblichen Mut“ bewiesen und sei zum „Vorbild“ für andere Personen des öffentlichen Lebens geworden, hieß es in der Begründung der Jury. Mit ihren Preisen will die 1993 in Basel gegründete gemeinnützige Kulturstiftung Pro Europa Persönlichkeiten würdigen, die sich „durch ihr Engagement und ihr Talent um die Kultur Europas verdient gemacht haben“.

Margot Käßmann war im Februar vorigen Jahres in Hannover mit 1,54 Promille Alkohol im Blut am Steuer ihres Dienstwagens gestoppt worden, nachdem sie über eine rote Ampel gefahren war. Vier Tage später trat sie vom EKD-Ratsvorsitz und als hannoversche Landesbischöfin zurück.

Inzwischen hat die Theologin  den ihr zugedachten Zivilcourage-Preis abgelehnt. Immerhin. Am Dienstag erklärte die 52jährige, die Berichterstattung einiger Medien lasse ihr keine andere Wahl, als die Auszeichnung nicht entgegenzunehmen. Ursprünglich sollte sie den Preis am 4. März in der Frankfurter Paulskirche erhalten. Als Laudator war bereits der millionenschwere Hamburger Reeder und Mäzen Peter Krämer angekündigt.

Wie kann man nur auf eine solche Idee kommen? Margot Käßmann ist besoffen Auto gefahren. Sie ist zurückgetreten. Ende der Geschichte. Mit Zivilcourage hat das nichts zu tun.

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