© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Leserbriefe

Zu: „Bilanzen des Schreckens“ von Björn Schumacher, JF 7/11

Zwischen Wahrheit und Kalkül

Es scheint, als müßte nachgerade der Rest des kollektiven Wissens um alliierte Verbrechen ausgelöscht werden. Jeder Versuch, darauf hinzuweisen, wird als Aufrechnung gebrandmarkt, wobei umgekehrt diese Verbrechen stets mit Kriegsbeginn und Verbrechen des Dritten Reichs aufrechnend erklärt werden.

Die Ergebnisse der 2004 eingesetzten Historikerkommission geben den Eindruck eingeengten Zielbezugs. Beispielhaft hierfür ist die Einzeluntersuchung der Dresdner Mathildenstraße nach registrierten Toten- und Überlebendenzahlen. Diese ergab etwa 20 Prozent umgekommene und 10 Prozent überlebende Bewohner, ähnlich bei weiteren untersuchten Straßen. Das ergibt eine Bilanzlücke von rund 70 Prozent, in der die Anzahl der Überlebenden und Toten nicht mehr bestimmbar ist.

Auf die Dresdner Bevölkerungsbilanz übertragen bedeutet dies, daß die unregistrierbaren Fälle der Bilanzlücke hier einfach den Überlebenden zugeordnet wurden. Eine zeitbeständige Anerkennung der Ergebnisse ist nur dann zu erwarten, wenn die unzutreffende Bekanntgabe „Gesamt-Totenzahl bis zu 25.000“ sachgerecht als „Summe der registrierten Toten ohne den unbestimmbaren Anteil“ bezeichnet wird. Darunter fallen auch die Toten der 40 total zerstörten Lazarette und die ungeklärte Zahl der Schlesien-Flüchtlinge. – Die nun ohne Diskussion als Obergrenze proklamierte Opferzahl läßt damit den Vorgang in den Bereich der Geschichtsfälschung übergehen. Aussicht gibt da nur ein Wort Arthur Schopenhauers: „Die Wahrheit kann warten; denn sie hat ein langes Leben vor sich.“

Erhard Ernst Korkisch, Feber

 

 

Zu: „25.000 Tote ist die Untergrenze“, JF 7/11

Ein internalisierter Selbsthaß

Ich freue mich, daß die JF die heruntergelogenen offiziellen Opferzahlen Dresdens nicht auf sich beruhen läßt. Das Plakat „Bomber Harris, do it again!“ spiegelt hier einen internalisierten Selbsthaß. Bei den ehemaligen Feindmächten Deutschlands finden dagegen die Leiden des deutschen Volkes mehr Beachtung. So schrieb die britische Sunday Times am 6. Januar 1991 über die Luftangriffe von Arthur Harris, diese seien so heftig gewesen, „daß zum Beispiel in Dresden die Brände einer Nacht mehr Menschen töteten als die Atombombe in Hiroshima“.

Wilko Fokken, Bunde

 

 

Zu: Virtuelle Realität“ von Paul Rosen, JF 6/11

Zu polemisch und unsachlich

Dieser Artikel ist höchst polemisch und unsachlich. Daß Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) „dünne Nerven bekommen“ habe, da er einen Karnevalsorden nicht persönlich entgegennehmen wolle, oder daß er im ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in irgendeiner Weise ein Vorbild sähe, glaubt der Verfasser des Artikels ja wohl selbst nicht. Nachhaltiger ist da schon die Unterstellung, der Minister habe „das Vertrauen der Truppe“ verloren.

Ulrich Hering, Kelkheim

 

 

Zur Meldung: „Wien: Nowotny-Grab erneut geschändet“, JF 6/11

Beispiel einstiger Kriegsgegner

Es ist wieder einmal typisch, daß solch eine Tat ohne Reaktion der „normalen“ deutschen und österreichischen Presse und der Politiker geschehen kann. Wo bleibt die täglich geforderte Zivilcourage, die doch auch für die Presse und die Behörden gelten sollte?

Ganz anders ein Erlebnis im Museum für Luft- und Raumfahrttechnik, das ich vor drei Jahren in Washington besucht habe. In der Abteilung zur Entwicklung der Düsenflugzeuge hängt neben einer Me 262 ein großes Bild von vier deutschen Jagdfliegerassen: das „Kommando Nowotny“. An unseren ehemaligen Kriegsgegnern sollten sich unsere Politiker ein Beispiel nehmen!

Dr. Heinrich Schall, Radolfzell

 

 

Zu: „Wie ein ertappter Dieb vom Hof gejagt“ von Franz Uhle-Wettler, JF 6/11

Falschen Eindruck erweckt

In seiner Kritik des Buches von Kurt Braatz erweckt Uhle-Wettler den Eindruck, als sei die Entlassung der Generale Krupinski und Franke im November 1976 in der „medialen Öffentlichkeit“ nicht angemessen wahrgenommen worden. Tatsächlich wurde der „Rauswurf“ der beiden Luftwaffenoffiziere monatelang diskutiert, Höhepunkt war die Debatte am 3. Februar 1977, in der auch Bundeskanzler Schmidt und Oppositionsführer Helmut Kohl das Wort ergriffen. In temperamentvollen Reden schlugen sich Dr. Zimmermann (CSU) und Dr. Wörner (CDU) auf die Seite der Generale. Sogar Rolf Hochhuth setzte sich in einem vielbeachteten Beitrag in der FAZ für Krupinski ein.

Der Rezensent hält an der Legende fest, Krupinski und Franke seien allein deshalb entlassen worden, weil sie in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten den als „extrem rechts“ geltenden Oberst der Wehrmacht Rudel mit dem ehemaligen Kommunisten Herbert Wehner auf die gleiche Stufe gestellt hätten. Verteidigungsminister Georg Leber hatte in seiner Bundestagsrede indes weitere Gründe für die Entlassung genannt: Entscheidend war für ihn, daß Generalleutnant Krupinski in dem gleichen Pressegespräch kritisiert hatte, über die Nachfolge des erkrankten Generalinspekteurs Zimmermann sei immer noch nicht entschieden worden. Das hatte anderntags zu Schlagzeilen wie „Minister handlungsunfähig“ geführt.

Krupinski selbst hat später einmal sein Fehlverhalten bedauert. „Damit es ins Protokoll kommt“ und als versöhnliche Geste las Herbert Wehner im Bundestag einen Brief Krupinskis vor. Der General a.D. versicherte darin, daß er „ohne Groll“ aus der Bundeswehr ausgeschieden sei.             

Heinz Kluss, Wachtberg

 

Rudel außer Landes

Der Renzensent schreibt, Oberst a.D. Rudel sei „aber auch Sympathisant einer extrem rechten und deshalb verbotenen Partei“ gewesen. Hierzu ist festzustellen: In der kurzen Existenz der 1952 verbotenen SRP war Rudel in Argentinien. Im Bundestagswahlkampf 1953 engagierte er sich für die Deutsche Reichspartei (DRP). Diese löste sich 1965, nach Gründung der NPD, auf.

Manfred Aengenvoort, Oberhausen

 

Strahlflugzeuge schon 1944

In der Rezension heißt es, Krupinksi habe im Jahr 1953 zu den „ersten Deutschen“ gehört, die „zum Strahlflugzeugführer ausgebildet wurden“. Diese Aussage ist falsch oder mindestens sehr mißverständlich. Ich selbst wurde im Dezember/Januar 1944/45 auf das Strahlflugzeug Ar 234 umgeschult. Dieses war ein zweistrahliges Kampf- und Aufklärungsflugzeug, das auf dem Arado-Projekt E 370 vom Oktober 1941 basierte. Am 13. Juli 1943 hatten Reichsmarschall Göring und der Generalflugzeugmeister grünes Licht gegeben für den Bau kriegstauglicher Strahlflugzeuge. Ab März 1944 wurden die ersten Mustermaschinen eingeflogen, ab 16. Juni 1944 wurde ihre Einsatzfähigkeit erprobt.

Schon während der Landung der Alliierten flogen die ersten Prototypen. Die Bomber-Version wurde am 24. Dezember 1944 zum ersten Mal eingesetzt. Nachzulesen ist die Entwicklungs- und Einsatzgeschichte der ersten deutschen Strahlflugzeuge bei Manfred Griehl, „Strahlflugzeug Ar 234 ‘Blitz’“ (Motorbuch Verlag, 2003).

Prof. Dr. Ulrich Planck, Stuttgart

 

 

Zu: „Was Hänschen nicht lernt“ von Ellen Kositza, JF 5/11

Aus Blech Gold machen

Als ich vor 45 Jahren in den Schuldienst des Landes NRW eintrat, herrschte zwar katastrophaler Lehrermangel, aber der Lehrer hatte noch das Recht, einen anspruchsvollen Unterricht zu erteilen, gute Leistungen zu verlangen und durchzusetzen. Doch bald kam die Machtergreifung der als Bildungsreformer getarnten Gleichmacher. Schlimmer als der Lehrermangel wirkte sich die fortschreitende Zersetzung von Leistungsfähigkeit aus.

Ich habe alle die Reformen und Reförmchen nicht gezählt, aber immer war das Ziel, die Anforderungen an die Schüler zu verringern. Zweimal wurden die Noten neu definiert nach dem Motto: Aus Blech Gold machen. So wurde es möglich, den „Ausstoß“ an Abiturienten von etwa acht auf über 40 Prozent zu steigern. Zur Massenware verkommen, garantiert das Abitur heute weder Bildung noch Reife.

Adolf Frerk, Geldern

 

 

Zum Leserbrief: „Der Skandal ist das Batteriehuhn“ von Joachim Pongartz, JF 5/11

Reale und irreale Dioxin-Gefahren

Wer von Dioxinen im Singular spricht, disqualifiziert sich für eine sachlich-fachliche Diskussion. Bei den Dioxinen handelt es sich um eine riesengroße Familie chemischer Stoffe, die in ihrem engsten Kreis bereits über 75 Angehörige (Isomere) zählt. Das ist deshalb wichtig, weil Dioxine stets im Gemisch auftreten und alle Glieder eine individuelle, von einander stark abweichende Schädlichkeit zeigen. Aus diesem Grund wurde zur seriösen Beurteilung der „Toxische Äquivalentfaktor (TE)“ eingeführt.

Die Behauptung, Dioxin sei „tausendmal giftiger als Cyankali“, ist Unsinn. Davon abgesehen ist der Vergleich grundsätzlich irreführend, denn Cyankalium kann in kleinen Dosen nicht chronisch krank machen, sondern nur töten. Auch die Forderung nach einem Grenzwert von „0,0“ ist Unsinn. Unter einer derartigen Forderung müßte nahezu jedes pflanzliche Lebensmittel verboten werden. Beispielsweise bildet Brokkoli das den Dioxinen in der Wirkung verwandte Indol-Carbinol und von dem Küchengewürz Muskatnuß sind bereits wenige Nüsse tödlich! Man muß die Zahlen in Relation zu anderen Gefahren sehen, denen der Mensch ausgesetzt ist. Schließlich ist die Welt voller Karzinogene, und die Dioxine sind keineswegs die einzigen, ja nicht einmal die potentesten unter ihnen.

Dr. Siegfried W. Schmidt, Aßlar

 

 

Zu: „Preisgabe des Lebens“ von Norbert Geis, JF 4/11

Schöpfungsakt durch Laborant?

Für Herrn Geis wie auch Frau Kelle („Gerne mal Gott spielen“, JF 3/11) ist eine befruchtete Eizelle bereits ein Kind. Dieser Auffassung widerspreche ich. Denn Gott spielt der, der eine Eizelle mit einer Samenzelle im Reagenzglas zusammenbringt. Wenn die natürliche Zeugung zwischen Mann und Frau nicht funktioniert, so sagt der Evolutionist, daß die Gene zur Weitergabe nicht geeignet sind, der „Gläubige“, daß es nicht Gottes Wille war. Warum also pfuscht der rechtschaffene Christ seinem Schöpfer ins Handwerk, indem er einen Laboranten mit dem „Schöpfungsakt“ betraut?

Wer glauben möchte, daß es Gottes Wille ist, Eltern mit schwerkranken Kindern zu „beglücken“, dem sei dies unbenommen. Aber Politiker sollten es akzeptieren, daß es auch Menschen gibt, die ihren von Gott gegebenen Verstand auch gebrauchen. Wer Leben künstlich schafft, der pfuscht Gott beziehungsweise der Natur ins Handwerk. Dann sollte er es auch richtig machen dürfen und die Fehler sofort beseitigen – oder die Finger ganz davon lassen.

Reinhold Sauer, Böblingen

 

 

Zur Meldung: „Protest gegen Homo-Gleichstellung“, JF 4/11

Bindung an Beerdigungsanstalt

Daß beide Großkirchen, die evangelische wie die katholische, so rapide an Bedeutung verlieren, liegt nicht zuletzt an einer Legion linker Theologen, die so lange an den biblischen Texten herumbiegen, bis diese für ihre egoistischen und politischen Zielsetzungen passen. So kommte es dann zu Homo-„Segnungen“ und einer seltsam konstruierten Ökumenebestrebung, die einen Universal-Gott für Christen, Muslime und Juden und alle möglichen Religionen vorsieht.

Immer mehr Menschen in unserem Land sehen deshalb in ihrer Kirche allenfalls eine Beerdigungsanstalt und bleiben nur in ihr, damit sie „anständig“ unter die Erde kommen. Mit dem neuen Pfarrerdienstgesetz wird die klassische Familie der lesbischen und schwulen Partnerschaft gleichgestellt werden. Meiner Meinung nach ist jetzt die Zeit gekommen, dieser Kirche den Rücken zu kehren.    

Günther Rose, Norden

 

 

Zu: „Kampf um das Mandat des Himmels“ von Peter Kuntze, JF 4/11

Wir unterschätzen dieses Volk

Aufgrund enger verwandtschaftlicher Bindungen halte ich mich häufiger in China auf. Es ist richtig, der Aberglaube – oder das, was wir so nennen – beeinflußt tatsächlich das Leben und Denken vieler Chinesen nachhaltig. Doch sollten wir uns dadurch nicht täuschen lassen. Wir unterschätzen dieses Volk, was Leistungswille, Leistungskraft, Leistungsfähigkeit und auch politischen Mut angeht. In gleicher Weise überschätzen die meisten Chinesen uns, indem sie Deutschland an dem messen, was einmal war.

Wir sollten endlich erkennen: Am Yangtse steht ein Riese auf, der uns wegen Selbstüberschätzung und weltweiter wie weltfremder Umverteilungshybris einmal das Fürchten lehren wird, denn unsere Kulturrevolution ist noch lange nicht beendet.

Manfred Eckstein, Coesfeld

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