© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/11 18. Februar 2011

Aufgeschnappt
Ein zulässiger Überfall
Matthias Bäkermann

Ein kleiner Artikel über die heutige deutsch-französische Grenze im Badischen Tagblatt im Oktober 2010 ließ einen Leser aus Baden-Baden stutzen: „Frühjahr 1940: Mit ihren hochgerüsteten Armeen liegen sich die ‘Erzfeinde’ Frankreich und Deutschland gegenüber, auch zwischen Lauterbourg und Neuburg. (...) Wenig später überfällt Deutschland den Nachbarn und besiegt ihn“, steht dort geschrieben. In einem Leserbrief verweist er sogleich darauf, daß allein die Tatsache der Kriegserklärung Frankreichs vom 3. September 1939 den Terminus „Überfall“ ad absurdum führe. Die Reaktion der Tageszeitung folgte Anfang November vom Redaktionsleiter Thomas Senger: „Wir können Ihren Leserbrief leider so nicht veröffentlichen. Bei der Lektüre Ihrer Zuschrift entsteht der Eindruck, daß Sie die Kriegsschuld des Deutschen Reiches in Frage stellen.“

Da es für das Blatt auch auf Insistieren des Lesers auf den Pressekodex zur Korrektur von Falschmeldungen „keinen Anlaß gibt, etwas ‘richtigzustellen’“, wandte dieser sich nun an den Presserat, um es ganz genau zu erfahren. Doch auch beim Berliner Verein zur freiwilligen Selbstkontrolle der vierten Gewalt kann man „eine Verletzung publizistischer Grundsätze nicht feststellen“. Insbesondere auch „im Hinblick auf das schnelle Ende“ handele es sich im konkreten Fall „nach unserer Auffassung um einen zulässigen Begriff“.

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