© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/11 25. Februar 2011

Lockerungsübungen
Weltbürger in Uniform
Karl Heinzen

Die Bundeswehr erwägt, Freiwillige in Zukunft auch unter den in Deutschland lebenden Ausländern zu werben. Eine abschließende Entscheidung ist zwar noch nicht gefallen, doch dürfte es unumgänglich sein, diese Bevölkerungsgruppe in die Personalgewinnung einzubeziehen. Schließlich versiegt mit der Aussetzung der Wehrpflicht eine Quelle, aus der bislang ein Großteil der länger dienenden Soldaten geschöpft werden konnte, und im Wettbewerb mit zivilen Arbeitgebern gerät die einen unattraktiven und riskanten Job bietende Bundeswehr vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung immer mehr ins Hintertreffen.

Wichtig ist nun, daß hier wie bei der Streitkräftereform insgesamt nicht halbherzig vorgegangen wird. Der bekanntgewordene Vorschlag scheint die Rekrutierungsmöglichkeit auf Bürger von EU-Staaten oder zumindest von Ländern, deren Bildungsabschlüsse bei uns anerkannt sind, einschränken zu wollen. Dies dürfte jedoch einer Prüfung, ob dadurch nicht vielleicht Antidiskriminierungsvorschriften verletzt werden, kaum standhalten und hieße zudem, ohne sachlichen Grund junge Menschen aus anderen Weltregionen auszugrenzen.

Der global ausgerichteten Bundeswehr steht ein Wandel ihres Leitbildes ins Haus.

Das Gesicht der Streitkräfte würde sich durch eine derartige Öffnung jedenfalls kaum verändern. Bereits heute tragen zahlreiche inländische Inländer mit Migrationshintergrund die Uniform der Bundeswehr. Sie dürften hinsichtlich Mentalität, Sozialisation und Kultur inländischen Ausländern zumeist näherstehen als inländischen Inländern ohne Migrationshintergrund. Die Integration inländischer Ausländer in die Bundeswehr wäre wiederum ein erster Schritt, um die Personalgewinnung letztlich auch auf ausländische Ausländer auszuweiten. Vor allem junge Menschen aus den Einsatzgebieten dürften hier von Interesse ein, da sie die unerläßliche interkulturelle Kompetenz bereits mitbringen, die aus Deutschland stammenden Soldaten erst mühsam anzutrainieren ist.

Der heute global ausgerichteten Bundeswehr steht somit auch ein Wandel ihres Leitbildes ins Haus. Der „Staatsbürger in Uniform“ war in einer Zeit angemessen, in der es hieß, zur Landesverteidigung gegen eine Bedrohung aus dem Osten gewappnet zu sein. Nun, da sie im Auslandseinsatz steht, hat die Bundeswehr auf den Weltbürger in Uniform zu setzen.

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