© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Erdogan-Auftritt in Düsseldorf
Türkischer Honig
von Thorsten Hinz

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat in Düsseldorf eine eindrucksvolle Heerschau über die Seinen gehalten. Der Auftritt vor über 10.000 begeisterten Zuhörern war eine physische und politische Machtdemonstration. Erdogans Anspruch, über hoheitliche Entscheidungen in Deutschland mitzubestimmen, ist unverschämt, doch die Kritik muß sich an die hiesigen Funktionseliten richten. Es ist ihre ureigene Schuld, daß Kampfbegriffe wie „Ausländerfeindlichkeit“ und „Islamophobie“ die Wahrnehmung der Realitäten und des deutschen Selbstinteresses verhindern. Erdogan macht sich die politische Schwäche, die sich daraus ergibt, lediglich für seinen Wahlkampf im Heimatland zunutze.

Die hier lebenden Türken, im technischen Sinne zu Bürgern der Bundesrepublik geworden, sollen ihre Loyalität weiterhin dem Herkunftsland widmen, fordert der Premier vom Bosporus. Das Ergebnis wäre die sprichwörtliche fünfte Kolonne. Der Unterschied zwischen Kultur und Zivilisation, nach 1945 als präfaschistische Erfindung gegeißelt, meldet sich so als machtpolitischer Konflikt zurück. Innerhalb der gültigen politischen Rhetorik und Handlungslogik gibt es keine Möglichkeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Die Kanzlerin hat das Existenzrecht eines anderen, nicht des eigenen Landes zur Staatsräson erklärt.

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