© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Reiner Haselo­ wird die nächsten Landtagswahlen verlieren – und doch gewinnen
Aalglatt ins Amt
Paul Leonhard

Reiner Haseloff heißt wohl der neue Ministerpräsident in Magdeburg, denn der bisherige Wirtschaftsminister ist Kronprinz des scheidenden Landesvaters Wolfgang Böhmer (CDU). Gewählt wird in Sachsen-Anhalt am 20. März, und der Union werden bis zu fünf Prozent Verluste vorausgesagt – aber die Zeichen stehen auf Fortsetzung der Großen Koalition. Und so ist auch die Bundeskanzlerin des Lobes voll für den kommenden Wahlgewinner, der eigentlich keiner ist.

Um Wählerstimmen mußte der Technokrat Haseloff außerhalb der CDU bisher nicht kämpfen. Seine Parteikarriere begann der 1954 bei Wittenberg Geborene 1976 in der DDR, während er Physik studierte. Das merkt man dem Mann an, wenn man ihn reden hört. Haseloff habe den Ruf, „sich in Details zu verlieren, Sätze zu verschachteln, nicht auf den Punkt zu kommen“, konstatierte ein Fernsehjournalist. Aber dieses Problem hat SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn auch. Beide nehmen gerade Lehrstunden, um sich menschlicher zu verkaufen.

Kaum überzeugen dürften diese Anstrengungen den Schornsteinfeger Lutz Battke, dem die Landesregierung 2008 den Kehrbezirk entzog, weil er für die NPD im Kreistag sitzt. Der hatte sich zwar, wie das Verwaltungsgericht Halle später feststellte, tatsächlich gar nichts zu Schulden kommen lassen, aber „der Staat muß den Bürgern so etwas ersparen“, ließ sich Haseloff unter dem Beifall der Medien zitierten. „So einen wollte ich bei mir auch nicht reinlassen“, setzte der Christdemokrat nach, und als „Mensch mit Migrationshintergrund“ würde er sich gar „bedroht fühlen“.

Von allen Anwärtern auf das Amt des Ministerpräsidenten sei er „der am besten geeignete“, wird Wolfgang Böhmer von Haseloff selbst zitiert. Ein Satz, der allerdings nicht unbedingt als Kompliment zu verstehen ist. Böhmer, der sein Land in Chefarzt-Manier führte, dachte immerhin gar nicht daran, während der Legislaturperiode abzutreten, um Haseloff bei der Wahl zu einem Amtsbonus zu verhelfen.

Während Böhmer Parteidisziplin unbekannt war, ist der Mann mit der randlosen Brille ein gehorsamer Parteisoldat und Pragmatiker. Provokation ist ihm ein Fremdwort. So wird es wohl einen wenig polemischen Wahlkampf geben, denn „der würde die Wähler verschrecken“, so Haseloff. Statt dessen setzt er auf wirtschaftliche Erfolge und darauf, daß Jens Bullerjahn Wort hält: Der hat die Linke als Koalitionspartner ausgeschlossen.

Daß in Sachsen-Anhalt selbst der CDU-Ministerpräsident an SPD-Veranstaltungen mit Bullerjahn teilnimmt, erstaunt zwar die Welt, nicht aber Haseloff: „Das ist doch normal. Ich habe mit ihm sogar in einer Show gekocht.“ Na denn, Mahlzeit!

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