© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Die Familie als Wettbewerbsvorteil
Kirchen: Auf dem Kongreß christlicher Führungskräfte in Nürnberg wird die Bedeutung des Glaubens für Wirtschaft und Politik diskutiert
Alexander Schmidt

Der  Stargast sagte am Freitag in letzter Minute ab. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mußte einer traurigen Pflicht nachkommen und nahm an der Beerdigung der in Afghanistan gefallenen deutschen Soldaten teil.

Die Teilnehmer des „Kongresses christlicher Führungskräfte“ in Nürnberg hatten vor diesem Hintergrund Verständnis für die Absage, auch wenn der Redebeitrag Guttenbergs angesichts der Plagiatsaffäre mit Spannung erwartet worden war, stand der Kongreß doch unter dem Motto „Mit Werten führen“. Die Veranstalter mahnten bei der Beurteilung der Plagiatsvorwürfe gegen zu Guttenberg angesichts dessen Eingeständnisses ausdrücklich zur Zurückhaltung.

Rund 300 Aussteller, knapp 3.500 Besucher und Vertreter aus Kirche, Wirtschaft und Politik waren in der vergangenen Woche der Einladung der Evangelischen Nachrichtenagentur idea und der Firma „tempus – Consulting“ in die Nürnberger Kongreßhallen zum Austausch über Theorie und Praxis christlicher Personal- und Unternehmensführung gefolgt.

„Jede Wirtschaft ist nur dann leistungsfähig und sozial, wenn sie aus Verantwortung vor Gott und den Menschen geschieht“, betonten die Veranstalter in einer gemeinsamen „Nürnberger Erklärung“ und zeichneten Helmut Mohr, Burkard und Frank Erbacher sowie Helmut Rosskopf und Martin Funck als vorbildhaft in ihrem Lebenszeugnis ehrbarer Kaufleute und praktizierender Christen mit dem „Preis für christliche Führungskräfte“ aus. Familie Erbacher etwa produziert nachhaltig Lebensmittel und unterstützt karitative Projekte.

Der christliche Schöpfungsauftrag erschöpft sich nicht in der Verwirklichung des Menschen durch die Arbeit, sondern beinhaltet auch die Familiengründung, weshalb die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum kontrovers diskutierten Kongreßthema wurde. Martin Daum, Präsident von Daimler für den Geschäftsbereich LKW in Nordamerika, lobte die familienfreundliche Arbeitskultur in den Vereinigten Staaten.

Dort würde unter anderem eine deutliche Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit praktiziert und die Rundumversorgung durch Schulen gewährleistet die Erwerbsmöglichkeit beider Eltern, sagte Daum. Letztere kritisierte Gabriele Kuby als die Verwirklichung sozialistischer Ziele. „Das hat Friedrich Engels schon empfohlen: Frauen in die Produktion, Kinder an den Staat“, konterte die katholische Publizistin an anderer Stelle. Sie riet statt dessen zur Stärkung des klassischen Familienmodells und dessen politischer Förderung anstelle des „Gender Mainstreamings“.

Die Bildungsexpertin Barbara von Schnurbein von der Organisation „Christen im Beruf“ ergänzt die Kritik an der Familienpolitik: „Krippenplätze erzeugen keine Kinder“. Michaela Sitz, Managerin des amerikanischen Sportartikelherstellers Nike, verwies darauf, daß sie eine Trennung von Beruf und Freizeit im von ihr verantworteten europäischen Markt nicht kenne. Die volle Verfügbarkeit für das Unternehmen stehe hier im Mittelpunkt. Auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT zu der Schutzbedürftigkeit von Eltern gegenüber Karriere-Singles hob Preisträger Frank Erbacher die Familie als Wettbewerbsvorteil hervor: „Väter und Mütter können mit Verantwortung und Verzicht umgehen, dies ist unverzichtbar in jedem Unternehmen.“

Den Inhalt der Nürnberger Erklärung bekräftigte auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der anstelle zu Guttenbergs sprach: „Es ist schlimm, wenn sich ein System loslöst von Überzeugungen“ kritisierte er eine ausschließlich gewinnorientierte Wirtschaft. Er prangerte das Prinzip des „Gender Mainstreamings“ an und forderte: „Wir werden uns dafür einsetzen, daß Länder, die schlecht wirtschaften, dafür zur Verantwortung gezogen werden.“ Solche Worte aus dem Mund eines Unionspolitikers ließen viele Zuhörer angesichts der Politik der CDU-geführten Bundesregierung erstaunen. „Man muß uns an unseren Taten erkennen können“, forderte er schließlich zur christlichen Verantwortung auf. Der Kommentar eines Teilnehmers hierzu war eindeutig: „Ob Herr Kauder weiß, daß dies auch für ihn und seine Partei gilt?“

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