© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Gruß aus Santiago de Cuba
Surfen bleibt ein Traum
Alessandra Garcia

Wie ein Lauffeuer hatte sich das Gerücht herumgesprochen. Ein Schiff aus Venezuela liege am Strand von Siboney. Das Dorf mit dem indianischen Namen ist ein Badeort im Osten Kubas, nahe Santiago de Cuba. Hier also soll das mehr als 1.600 Kilometer lange Unterseeglasfaserkabel das Meer verlassen, daß uns künftig dank Hugo Chavez schnellere Internetverbindungen ermöglichen soll. Ganze Heerscharen Santiagueros waren am 9. Februar hierher gepilgert, um das Schiff zu bestaunen, das den Fortschritt brachte. Schon Wochen vorher hatten Arbeiter Gräben ausgehoben und alles für die Verlegung vorbereitet. Und natürlich haben viele geträumt, wie sie künftig von zu Hause aus mit Freunden in Havanna E-Mails austauschen können oder mit Verwandten in Miami und Europa.

Bisher ist das kaum möglich. Wer das Internet nutzen will, benötigt Devisen. Sechs Dollar kostet eine Stunde im Internetraum eines Touristenhotels. In der Post ist es etwas billiger, dafür aber die Warteschlange lang. Und es geht allein um das Versenden von E-Mails, nicht um das Surfen im Internet. Das dürfen offiziell nur drei Prozent der linientreuesten Kommunisten. Bisher hat die Regierung die hohen Kosten und Einschränkungen mit der Wirtschafts- und Technologieblockade durch die USA begründet. Telefongespräche und E-Mail-Verkehr mit dem Ausland funktionierten nur über eine teure Satellitenverbindung. Jetzt sollte das alles billiger werden. So stand es in den Nachrichten, die uns Freunde aus Europa vorlasen. Schwer vorstellbar in einem Land, in dem die fernmündliche Kommunikation meist per öffentlichem Telefon erfolgt, das im Haus besonders verdienter Kommunisten installiert ist. Den privatesten Gesprächen folgt dann die halbe Straße und kommentiert eifrig.

Nun ist also das Breitbandkabel da. Aber das Internet noch lange nicht. Zwar jubelte die Zeitung Granma, 3.000mal schneller werde die Übertragungsgeschwindigkeit der Daten sein, aber die Staatsführung zerstörte schnell unsere Träume. Das Unterseekabel werde in den Dienst des Volkes gestellt, verkündete der Informationsminister und ließ die Katze aus dem Sack: Priorität hätten kollektive Zugangspunkte zum Internet. Also staatliche Institutionen. Private Zugänge sind nicht gewollt.

Wie dieser Text nach Deutschland gelangt ist? Über eine kubanische Behörde, in der eine Bekannte arbeitet. Für einen zugesteckten Dollar ist die zu so einem Freundschaftsdienst bereit.

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